"Der Franken ist nach wie vor deutlich überbewertet", hiess es heute morgen anlässlich der geldpolitischen Lagebeurteilung einmal mehr von Seiten der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Daher belässt die SNB auch den im Januar 2015 eingeführten Negativzins bei minus 0,75 Prozent.

Dabei kommt es der SNB entgegen, wenn politische Ereignisse etwas Druck vom Franken nehmen. So geschehen bei die Wahlen in Frankreich: "Es war sicherlich ein Wahlergebnis, welches für uns positiv war", sagt SNB-Präsident Thomas Jordan im Video-Interview mit cash

Der Franken hat sich zum Euro nach dem ersten (21. April) und zweiten (7. Mai) Wahlgang bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich deutlich abgeschwächt. War der Euro-Frankenkurs Anfang April noch unter 1.07, so ist er inzwischen nahe bei 1.09. Das mag auf den ersten Blick wenig erscheinen, ist aber viel für die durch Währungsschwankungen verwundbare Exportwirtschaft der Schweiz - und auch viel angesichts der engen Spanne, in der das Kurspaar Euro/Franken gehandelt wird.

Franken könnte wieder unter Druck kommen

Doch für die SNB ist natürlich kaum Entspannung angesagt. Noch gibt es zu viele Risiken weltweit, die den Franken jederzeit und plötzlich wieder aufwerten könnten. In Europa steht für die Schweizer Währungshüter ein ganz bestimmtes Ereignis im Fokus: "Wir schauen sicherlich ganz genau auf die italienischen Wahlen", so Jordan zu cash.

Die Neuwahlen in Italien werden spätestens im Frühjahr 2018 stattfinden. Derzeit erlebt die populistische Fünf-Sterne-Bewegung bei den Kommunalwahlen zwar einen Rückschlag, doch besteht noch immer die Möglichkeit, dass die umstrittene Partei um Beppe Grillo die Macht ergreifen wird.

Global gesehen könnten gemäss Jordan, der seit April offiziell fünf Jahre das Amt des SNB-Präsidenten bekleidet, die Entwicklungen in den USA und geopolitische Risiken, beispielsweise im Nahen und Fernen Osten, für den Franken eine wichtige Rolle spielen.

EZB schliesst tiefere Zinsen aus – und SNB?

Die Entscheide der SNB hängen auch immer stark davon ab, welche geldpolitischen Schritte die Europäische Zentralbank (EZB) unternimmt. Böse Zungen behaupten ja auch, die SNB-Politik werde nicht in Bern oder Zürich, sondern in Frankfurt bestimmt. Die EZB hatte vergangene Woche einen ersten, kleinen Schritt Richtung geldpolitischer Straffung unternommen. Einerseits sieht EZB-Präsident Mario Draghi die Wachstumsaussichten für die Wirtschaft positiver als bisher, und andererseits schloss er weitere Zinssenkungen vorerst aus.

Jordan verneint die Frage, dass die SNB folglich nun auch auf eine weitere Ausweitung ihrer Negativzinsen verzichten könnte. "Wir schliessen überhaupt nichts aus. Wenn es notwendig wird, haben wir weiterhin Raum, die Zinsen zu senken." Aber die Notenbank mache immer eine Güterabwägung und evaluiere Nutzen und Kosten bestimmter geldpolitischer Massnahmen genau.

Eine Ausweitung der Negativzinsen müsste sich die Notenbank in der Tat genau überlegen. Die Zinsen belasten Banken, Versicherungen, Pensionskassen und Sparer. Eine Ausweitung der Negativzinsen auf 1 oder sogar 1,25 Prozent käme nur bei deutlichen Verwerfungen an den Märkten oder einer klaren Verschärfung der Lage im Euroraum in Frage.

Im Video-Interview sagt Thomas Jordan ausserdem, was er von Prognosen hält, die bis Anfang 2019 das Ende der Negativzinsen voraussagen und wie er mit Anschuldigungen bezüglich Währungsmanipulation aus den USA umgeht.