Die Kanzlerin betonte, am Ende eines "atemlosen Jahres" gelte es auch, innezuhalten und zu trauern. "Wir dürfen als Gesellschaft nicht vergessen, wie viele einen geliebten Menschen verloren haben, ohne ihm in den letzten Stunden nah sein zu können." Sie könne nur ahnen, wie bitter es sich für diese Menschen anfühlen müsse, wenn von einigen Unverbesserlichen das Virus bestritten und geleugnet werde. "Verschwörungstheorien sind nicht nur unwahr und gefährlich, sie sind auch zynisch und grausam diesen Menschen gegenüber."

Hoffen liessen sie die nun angelaufenen Impfungen zunächst bei alten Menschen, ihren Pflegekräften und bei Personal auf Intensivstationen. "Tagtäglich werden es mehr, schrittweise werden andere Alters- und Berufsgruppen dazukommen - und dann alle, die es möchten", sagte Merkel. "Auch ich werde mich impfen lassen, wenn ich an der Reihe bin."

Der erste verlässliche Corona-Test sei in Deutschland entwickelt worden und nun auch der erste in Europa zugelassene Impfstoff, das Präparat des Mainzer Unternehmens Biontech und seines US-Partners Pfizer. Die Biontech-Gründer hätten ihr berichtet, dass Menschen aus 60 Nationen in ihrem Unternehmen arbeiteten. "Nichts könnte besser zeigen, dass es die europäische und internationale Zusammenarbeit, dass es die Kraft der Vielfalt ist, die den Fortschritt bringt."

Merkel bekräftigte, dass die Corona-Pandemie eine politische, soziale und ökonomische Jahrhundertaufgabe sei. Sie danke allen dafür, sich mit Vertrauen und Geduld auf "diesen historischen Kraftakt" einzulassen. Viele seien über sich hinausgewachsen, ohne dies an die grosse Glocke zu hängen - etwa Ärztinnen, Ärzte und Pflegekräfte, Mitarbeiter der Gesundheitsämter und die Bundeswehr mit ihrer Unterstützung. Unzählige hätten zudem dazu beigetragen, dass das Leben trotz Pandemie weiter möglich sei, unter anderem in Supermärkten, Postfilialen, Bussen und Bahnen, auf Polizeiwachen oder in Schulen und Kitas. Merkel verwies ausserdem auf staatliche Nothilfen für Unternehmen und Arbeitnehmer.

Die Kanzlerin machte auch eine "persönliche" Anmerkung dazu, dass dies "aller Voraussicht nach" ihre letzte Neujahrsansprache sei. Bei der Bundestagswahl am 26. September 2021 tritt sie nicht erneut an - dann hängt es vom Tempo der Regierungsbildung ab, wie bald ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin ins Amt kommt. "Ich denke, ich übertreibe nicht, wenn ich sage: Nie in den letzten 15 Jahren haben wir alle das alte Jahr als so schwer empfunden - und nie haben wir trotz aller Sorgen und mancher Skepsis mit so viel Hoffnung dem neuen Jahr entgegengesehen", sagte Merkel im Rückblick auf ihre Amtszeit./sam/ted/jr/DP/fba

(AWP)