Das Sortiment in Lebensmittelläden bleibt nun doch eingeschränkt. Das hat der Bundesrat am Mittwoch entschieden. Er ist damit auf seinen Entscheid von vergangener Woche zurückgekommen.
Gewisse Güter des täglichen Bedarfs sollten verkauft werden dürfen, sofern sie sich auf der Verkaufsfläche der Lebensmittelläden befinden. "Wir haben festgestellt, dass das zu vielen Unsicherheiten geführt und viele Fragen aufgeworfen hat", sagte Gesundheitsminister Alain Berset vor den Bundeshausmedien.
Deshalb sei der Bundesrat auf seinen Entscheid zurückgekommen. Kritisiert worden war unter anderem die Ungleichbehandlung von grossen Detailhändlern und Fachgeschäften. Die Sortimentsbeschränkung bleibt damit bis voraussichtlich am 11. Mai im Kraft. An dem Datum sollen alle Verkaufsgeschäfte wieder öffnen dürfen.
Weitere Lockerung möglich
Voraussetzung ist, dass die Fallzahlen weiter zurückgehen, wie Berset betonte. Die Verbreitung des Virus diktiere das Tempo der Lockerung. "Wir alle möchten gerne im Sommer mit Familie und Freunden auf einer schönen Aussichtsterrasse sitzen", sagte Berset. Das scheine möglich, wenn es gelinge, die Epidemie weiter einzudämmen.
Berset stellte auch beschränkte Lockerungen in der Gastronomie, im Tourismus, im Kulturbetrieb und im Sport für den 11. Mai in Aussicht. Erste Entscheide will der Bundesrat schon nächste Woche fällen. "Wir möchten eine Lockerung organisieren, die sich gesundheitspolitisch verantworten lässt", sagte Berset. Die erste Etappe auf Anfang nächste Woche sei aber gesetzt.
Damit weitere Lockerungen möglich seien, brauche es nun die Disziplin, die Regeln weiter einzuhalten. "Wir haben die erste Phase der Krise gut gemeistert, jetzt wollen wir auch den Übergang gut meistern." Eine allgemeine Maskentragpflicht hält der Bundesrat nach wie vor für den falschen Weg, weil Masken zur Missachtung der Hygieneregeln verleiten könnten. Wichtiger sei nach wie vor, die geltenden Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten. Masken kämen nur ergänzend zum Einsatz.
Keine Maskentragpflicht
Auch in den Branchen, die demnächst wieder den Betrieb aufnehmen dürfen, sollen Masken eingesetzt werden. Die Branchenorganisationen müssen dafür Schutzkonzepte erarbeiten, der Bund gibt nur den Rahmen vor. Das Tragen einer Maske könne darin empfohlen oder vorgesehen werden, schreibt der Bundesrat in einer Mitteilung.
Der Bundesrat erinnerte daran, dass das Gesundheitswesen, Unternehmen und Privathaushalte Masken grundsätzlich selber beschaffen müssen. Weil diese derzeit aber sehr begehrt sind, geht auch der Bund mit dem grossen Portemonnaie auf dem Weltmarkt auf Einkaufstour. Allein für Hygienemasken für die Bevölkerung sind fast 400 Millionen Franken budgetiert.
Ab nächster Woche wird die Armeeapotheke während zwei Wochen täglich eine Million Hygienemasken an Detailhändler abgeben. Diese werden sie zum Einkaufspreis abgeben. Bisher wurden 21 Millionen Stück an die Kantone verteilt. Die aktuellen Lagerbestände des Bundes umfassen 18 Millionen Hygienemasken.
Keine selbsgebastelten Masken
Von selbst gebastelten Masken rät der Bundesrat ab. Da solche nur dort eingesetzt werden sollen, wo Abstandsregeln nicht eingehalten werden könnten, sei ein minimaler Schutz wichtig, sagte Berset.
Atemschutzmasken der Schutzklassen FFP2 oder FFP3 sind weiterhin vorwiegend für medizinisches Personal vorgesehen, das im richtigen Umgang mit diesen Masken geschult ist. Am Lager sind derzeit 1,2 Millionen FFP2-Masken. Laut Verteidigungsministerin Viola Amherd sind am Mittwoch zudem zwei Maschinen zur Herstellung solcher Masken in der Schweiz eingetroffen. Damit sollen 80'000 bis 100'000 Masken hergestellt werden können.
Tennis- und Golfspielen bald wieder möglich
Bereits ab Anfang Mai sollen Sportaktivitäten ohne Körperkontakt wie Tennis oder Golf wieder stattfinden können. Das sagte Verteidigungsminister Viola Amherd am Mittwoch vor den Bundeshausmedien.
Die grosse Bedeutung des Sports für die psychische und physische Gesundheit sei unbestritten, sagte Amherd. Das Bedürfnis nach einer raschen Umsetzung einer Exit-Strategie Sport sei sowohl in der Bevölkerung, als auch bei den Sportverbänden und Profiligen gross, sagte Amherd.
Es soll deshalb ermöglicht werden, dass Sportaktivitäten, in denen Körperkontakte vermieden und die Hygienevorschriften sowie das Social Distancing eingehalten werden können, bereits ab Anfang Mai wieder stattfinden können.
Ausserdem sei der professionelle Sport mit seinen nationalen Ligen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Seit Anfang April arbeite eine Arbeitsgruppe mit Fachexperten, Vertretern der Kantone und der Gemeinden, des Bundesamtes für Sport und des VBS daran, ein Umsetzungskonzept zu erarbeiten. Bis Ende April werde das VBS dem Bundesrat eine entsprechende Änderung der Covid-Verordnung beantragen.
Weniger Bürokratie für Firmen
Ausserdem hat der Bundesrat im Auftrag des Parlaments die Eckpunkte für die administrative Entlastung von Unternehmen festgelegt. Er hat dem Auftrag erteilt, die entsprechenden Vernehmlassungsvorlagen zu erarbeiten. Der Bundesrat erachtet die kontinuierliche Suche nach Entlastungsmöglichkeiten der Unternehmen als eine politische Daueraufgabe, die für den Wirtschaftsstandort Schweiz zentral ist, wie der Bundesrat am Mittwoch mitteilte.
Dazu gehöre nicht nur, bei neuen Regulierungen unnötige Belastungen der Unternehmen zu vermeiden, sondern auch den Bestand an bereits existierenden Regulierungen regelmässig auf Entlastungspotenzial zu überprüfen, schreibt der Bundesrat.
Die Stellungnahme des Bundesrates geht auf die Forderungen zweier Motionen zurück, die vom Parlament gutgeheissen wurden. Die Motion von Sandra Sollberger (SVP/BL) beauftragt den Bundesrat, ein Gesetz über die Reduktion der Regelungsdichte und den Abbau der administrativen Belastung für Unternehmen auszuarbeiten. Dabei soll er sich an die Vorgehensweise verschiedener Kantone anlehnen.
"Keine allzu starren Regelungen"
Der Bundesrat schlägt zur Umsetzung des verlangten Entlastungsgesetzes verschiedene Massnahmen vor. So soll die Bundesverwaltung verpflichtet werden, die Kosten für neue Regulierungen konsequent zu schätzen und ein Monitoring über die Regulierungsbelastung zu entwickeln. Entlastungspotentiale sollen regelmässig evaluiert und entsprechende Massnahmen vorgeschlagen werden.
Der Bundesrat will darüber regelmässig Bericht erstatten. Weiter sollen im Gesetz Grundsätze für möglichst wenig belastende Regulierungen verankert werden. Die Verwaltung soll ausserdem im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses systematisch Vereinfachungsmassnahmen für Unternehmen prüfen.
Der Bundesrat will beim Vollzug von Bundesrecht die Behörden des Bundes und die Kantone zudem verpflichten, ihre elektronischen Behördenleistungen über das Zugangsportal "EasyGov" anzubieten. Allzu starre Regeln seien wenig sinnvoll, teilte der Bundesrat mit. Er wolle primär auf Transparenz bei Regulierungsprozessen setzen.
Anlehnung an Ausgabenbremse
Die Motion der FDP verlangt eine "Regulierungsbremse". Diese soll wirken, sobald ein Gesetz zu höheren Regulierungskosten für mehr als 10'000 Unternehmen führen oder eine bestimmte Kostenschwelle überschreiten würde. Dem müsste eine qualifizierte Mehrheit zustimmen, zum Beispiel die Mehrheit der Mitglieder beider Räte.
Bei der Umsetzung dieser Motion will sich der Bundesrat an der Ausgabenbremse orientieren. Dem Bundesrat sei es aber wichtig, dass die staatspolitischen und volkswirtschaftlichen Auswirkungen einer solchen Regulierungsbremse in der Vernehmlassung offen und transparent diskutiert werden, teilte er mit. Für bestimmte Vorlagen im Parlament würde eine Regulierungsbremse zusätzliche Hürden schaffen, so der Bundesrat.
Für die Einführung eines qualifizierten Mehrs für Gesetzesvorlagen braucht es eine Verfassungsänderung. Der Bundesrat hat das Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) beauftragt, die Vernehmlassungsvorlagen für beide Geschäfte auszuarbeiten. Der Vernehmlassungsbeginn ist für Ende 2020 geplant.
(AWP)