Arbeit bedeute mehr als wirtschaftliche Unabhängigkeit, sagte Keller-Sutter, Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD), am Donnerstag vor den Medien in Bern. Arbeit bedeute auch, an der Gesellschaft teilzuhaben, etwas beizutragen.

Bundesrat Parmelin erinnerte daran, dass die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) Personen mit Schutzstatus S bei der Arbeitssuche unterstützen. Entscheidend sei aber der Beitrag der Unternehmen selber, die die entsprechenden Arbeitsplätze zur Verfügung stellen. Ihnen gebühre ein besonderer Dank.

Die tatsächliche Zahl der bisher ausgestellten Arbeitsbewilligungen dürfte nach Angaben des EJPD höher liegen als die bekannten 1500, weil der Eintrag in den Datenbanken des Bundes erst nach Ausstellung des Ausweises S erfolgt, die Arbeitsbewilligung aber schon ab Gewährung des Schutzstatus S ausgestellt werden kann. Dazwischen können mehrere Wochen liegen.

Mit 306 Bewilligungen macht das Gastgewerbe den grössten Anteil aus, gefolgt von Planung, Beratung und Informatik (226), Landwirtschaft (169) und Unterrichtswesen (152). Der Kanton Zürich hat mit 256 am meisten Arbeitsbewilligungen ausgestellt, gefolgt von den Kantonen Aargau (201), Bern (144) und Thurgau (140).

Einblick in drei Unternehmen

Eines der Unternehmen, mit denen sich Keller-Sutter und Parmelin getroffen haben, ist die Biogärtnerei Häfliger im aargauischen Reitnau. Sie hat zwölf Personen aus der Ukraine aufgenommen: sieben erwachsene Frauen mit insgesamt fünf Kindern. Die Frauen sind in der Gärtnerei angestellt, während die Kinder auf dem Hof von einer pensionierten Ukrainerin betreut werden. Einmal pro Woche führt eine Lehrerin auf dem Hof freiwilligen Deutschunterricht durch.

Die gemeinnützige Organisation Powercoders bietet ein IT-Arbeitsintegrationsprogramm für Menschen mit Flucht- oder Migrationshintergrund an. Der Verein arbeitet heute schon mit 140 Partnerbetrieben aus der Informatik-Branche zusammen, darunter IBM in der Schweiz. Für die Schutzsuchenden aus der Ukraine wurde die Anzahl der Plätze für ein Programm, das im September startet, erhöht. Unter den neuen Bewerbungen befinden sich bereits solche von geflüchteten Personen aus der Ukraine.

IKEA, das dritte Unternehmen, bietet neben regulären Arbeitsplätzen seit 2022 ein sogenanntes Refugee Internship an. Dieses steht auch in Teilzeit zur Verfügung zum Beispiel für Frauen mit Betreuungspflichten. Das Programm wurde vor dem Hintergrund der Fluchtbewegung aus der Ukraine um 22 Plätze verdoppelt. IKEA beteiligt sich auch an INVOL, der vom Bund lancierten Integrationsvorlehre für Flüchtlinge.

Treffen mit Sozialpartnern und Kantonen

Die Sprache ist laut Keller-Sutter die grösste Herausforderung für die Integration von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine - neben der Kinderbetreuung. Der Bund stellt darum pro Person 3000 Franken für Sprachkurse zur Verfügung.

Um die Integration in den Arbeitsmarkt zusätzlich zu fördern, habe sie für den 23. August zu einem erneuten Treffen mit den Sozialpartnern und den Kantonen eingeladen, sagte die Justizministerin. Ziel sei es, Bilanz zu ziehen aus den ersten Erfahrungen mit der Arbeitsmarktintegration von Personen mit Schutzstatus S und zusätzlichen Handlungsbedarf auszumachen.

Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar haben rund 57'000 Flüchtlinge den Schutzstatus S in der Schweiz beantragt und haben somit eine Arbeitserlaubnis. Knapp 31'000 dieser Geflüchteten sind im erwerbsfähigen Alter. Über 80 Prozent der Schutzsuchenden sind Frauen und Kinder.

mk/

(AWP)