Die Kesb sind eine Folge des neuen Kindes- und Erwachsenenschutzrechtes, das am 1. Januar 2013 in Kraft trat. Vorher kümmerten sich die Vormundschaftsbehörden um hilfsbedürftige Erwachsene, aber auch um Kinder aus schwierigen Familiensituationen. Das Jubiläumsjahr 2023 wollen verschiedene Kesb nutzen, um die Bevölkerung besser über ihre Arbeit aufzuklären

In den vergangenen zehn Jahren hat sich für tausende hilfsbedürftige Personen vieles zum Besseren entwickelt, ist die Kokes, die interkantonale Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz, überzeugt.

Früher: Problem der Nähe

Vor 2013 seien Massnahmen in grossen Teilen der Schweiz durch den Gemeinderat angeordnet worden, der zugleich Vormundschaftsbehörde gewesen sei. Und oft habe dabei die Distanz zu den Betroffenen gefehlt.

"Im Gemeinderat haben oft Menschen ohne spezifische Fachkenntnisse und oft mit persönlichem Bezug zu Betroffenen entschieden, ob zum Beispiel der Sohn des Dorfbauern in ein Heim kommt oder die Mutter des Sportvereinspräsidenten einen Beistand erhält", wird Kathrin Schweizer, Präsidentin der Kokes, in einer Mitteilung zitiert.

Dazu sei der finanzielle Druck gekommen. "Oft wurde aus Angst vor hohen Kosten nicht die Massnahme angeordnet, die für ein Kind oder eine erwachsene Person am besten gewesen wäre, sondern jene, die die Gemeinde am wenigsten kostet", so Schweizer.

Von den Massnahmen betroffen waren damals wie heute hilfsbedürftige Erwachsene (zwei Drittel der Fälle) und Kinder (ein Drittel der Fälle) aus schwierigen Familiensituationen.

Sowohl die Bezeichnung Vormundschaftsbehörde, die an Bevormundung erinnert, als auch die Arbeitsweise der Behörde hatten keinen guten Ruf. Zum einen handelte es sich in der Regel nicht um Fachpersonen, zum anderen hatten die Personen auf beiden Seiten zu wenig Abstand zu einander oder waren sich, im schlimmsten Fall, privat verfeindet.

Schwander: Behördenwillkür

Ganz anders als die Kokes beurteilt der Schwyzer SVP-Nationalrat Pirmin Schwander die Kesb. Er sieht viel "Behördenwillkür" in den vergangenen zehn Jahren, wie er auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA schreibt. "Hilfe" dürfe nicht immer zu einem "Fall" werden, und die "Entfremdung durch die Justifizierung" müsse aufhören.

Seine Hauptkritik an der Kesb bleibe bestehen, so Schwander, der im Mai 2018 die Volksinitiative "Eigenständiges Handeln in Familien und Unternehmen - Kesb-Initiative" mitlanciert hatte. Weil die nötige Unterschriftenzahl aber nicht ganz erreicht werden konnte, wurde die Initiative im November 2019 wieder zurückgezogen.

Für die Kesb sei das Subsidiaritätsprinzip beziehungsweise die Einbeziehung nahestehender Personen nach wie vor ein Fremdwort, kritisiert Schwander. Und die Behauptung, es fehle an Personal, sei falsch. Denn: Würden sich die Kesb auf ihre gesetzlich vorgesehenen Aufgaben konzentrieren, bräuchte es mindestens 30 Prozent weniger Personal, so Schwander.

Kritik an Einzelfällen

Im Gedächtnis geblieben sind vielen Menschen mehrere Geschichten, in denen die Kesb schlecht wegkam - oft breitgeschlagen von Medien und ohne Stellungnahme von Seiten der Kesb.

Eine der tragischsten war wohl jene einer Mutter im Zürcher Unterland vom Jahr 2015: Am 7. August nahm sich die Frau im Gefängnis Zürich das Leben, ein paar Monate nachdem sie in Flaach ihre beiden Kinder getötet hatte. Zuvor waren diese von der Kesb in ein Heim gebracht worden, weil die Eltern wegen mehrerer Delikte verhaftet wurden.

Ein gerichtspsychiatrisches Gutachten sprach von einer Extremtat, die in der Persönlichkeit der Mutter angelegt gewesen sei. Dabei handle es sich um einen instabilen Realitätsbezug und Geltungssucht. Mit der Wegnahme der Kinder habe für die Mutter ein existenzieller Machtkampf begonnen, der ihr persönliches Lebensprinzip im Kern bedroht habe. Daraus sei der Plan entstanden, der Kesb die Kinder zu entziehen, indem sie sie tötet.

80 bis 85 Prozent einvernehmlich

Dem Bild von einer übergriffigen Behörde hält die Kokes entgegen, dass 80 bis 85 Prozent der Massnahmen im Einvernehmen mit den Betroffenen erfolgten. Beispiele sind Besuchsrechtsregelungen und Unterstützung bei administrativen Aufgaben wie Rechnungszahlungen oder Interessenvertretungen bei Erbstreitigkeiten.

Der Kesb als Institution gibt die Kokes ein gutes Zeugnis, weil sie im Gegensatz zur früheren Vormundschaftsbehörde mit fachlich qualifiziertem Personal arbeite und das Interesse von schutzbedürftigen Erwachsenen und Kindern ins Zentrum rücke. Geklagt wird jedoch über knappe Ressourcen und den Fachkräftemangel.

Obwohl die Fremdplatzierungen nur 3,4 Prozent aller Fälle ausmachten, werde die Kesb dennoch oft auf diese reduziert. Dies gebe aber hauptsächlich die Sicht der betroffenen Eltern wieder. Umso wichtiger sei es, auf die Sicht der schutzbedürftigen Kinder hinzuweisen. Kinder, die zu Hause misshandelt oder nicht zuverlässig umsorgt werden, seien froh, wenn sich jemand von aussen um ihr Wohlergehen kümmere.

Bevor die Kesb reagiert, geht im Normalfall eine Meldung ein. Diese können die betroffene Person selbst, Angehörige, Nachbarn, Schulleitungen, Polizei, Spitäler oder auch Betreibungsämter machen. Die Abklärung erfolgt dann in einem Verfahren und endet in einem Entscheid, gegen den Beschwerde erhoben werden kann.

Freiwillige Hilfe im Vordergrund

Laut der Anlaufstelle Kindes- und Erwachsenenschutz (Kescha) ist die Kesb je nach Kanton ein Gericht oder eine gerichtsähnliche Behörde. Für jedes Verfahren ist ein Kesb-Mitglied zuständig, wobei der Entscheid von jeweils drei Kesb-Mitgliedern gefällt wird. Nur wenige Fragen dürfen von einem Kesb-Mitglied allein entschieden werden.

Im Vordergrund steht laut Kescha die Vermittlung der freiwilligen Hilfe. Das Ziel sei immer, mit den Betroffenen eine einvernehmliche Lösung zur Abwendung der Gefährdung zu finden.

Über die Massnahmen entscheidet die Kesb. Die eigentliche Begleitung und Betreuung von Betroffenen im Alltag erfolgt durch Beiständinnen und Beistände, Sozialarbeitende, Institutionen (zum Beispiel Alters- und Pflegeheime) und Beratungsstellen.

(AWP)