Beim Länderrat der Grünen stimmten die Parteichefs Robert Habeck und Annalena Baerbock sowie weitere Mitglieder des Sondierungsteams die Delegierten auf eine Regierungsbeteiligung ein. "Wir werden Treiberin grosser Transformationsaufgaben sein", sagte Habeck, der um ein Mandat für eine "Fortschrittsregierung" bat. Seine Partei stehe kurz davor, zum zweiten Mal Teil einer Bundesregierung zu werden. "Es ist tatsächlich so, dass wir gerade ein Stück weit grüne Geschichte schreiben." Die Grünen regierten bereits von 1998 bis 2005 mit der SPD im Bund.

Baerbock hob hervor, es sei beim Thema Klimaschutz im Sondierungspapier mit SPD und Grünen wahnsinnig viel erreicht worden. In den Koalitionsverhandlungen stehe aber auch noch einiges an Arbeit an. "Es wird immer wieder dazu kommen, dass wir auch bis in die Nacht heftig ringen", sagte sie mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen voraus.

Am Freitag hatten die Ampel-Unterhändler ihr Sondierungsergebnis mit "Vorfestlegungen" bei einigen Themen präsentiert. So soll es keine Steuererhöhungen geben und die Schuldenbremse eingehalten werden. Der gesetzliche Mindestlohn soll auf 12 Euro pro Stunde steigen. Beim Klimaschutz sind unter anderem ein beschleunigter Ausbau der erneuerbaren Energien und ein Kohleausstieg im Idealfall schon bis 2030 geplant.

Nach der Zustimmung von SPD und Grünen ist nun am Montag noch die FDP am Zug. FDP-Chef Christian Lindner warb für das Dreierbündnis. "Im Sondierungspapier sind viele Anliegen der FDP enthalten", sagte er der "Bild am Sonntag". Selten habe es eine grössere Chance gegeben, Gesellschaft, Wirtschaft und Staat zu modernisieren. Enthalten seien solide Finanzen, Investitionen in saubere Technologien und Digitalisierung, bessere Bildung und neue Aufstiegschancen.

FDP-Generalsekretär Volker Wissing machte im Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) klar, dass es noch zu früh sei darüber zu reden, wer Finanzminister werden soll. Ressortfragen würden am Ende erfolgreicher Koalitionsverhandlungen geklärt. Zuvor hatten FDP-Vize Wolfgang Kubicki und FDP-Fraktionsgeschäftsführer Marco Buschmann erklärt, dass sie Lindner für den besten Kandidaten für das Amt des Finanzministers halten.

Der Grünen-Finanzexperte Sven Giegold fragte im RND: "Was soll das?? Wir haben in einem guten Stil miteinander verhandelt. Das könnte man bis zum Ende fortsetzen." Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner mahnte im TV-Sender Phoenix: "Ich finde, wir haben sehr gut gestartet, sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit. Aber ich würde mir wünschen, dass solche Personaldebatten unterbleiben." Allerdings hatte Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) schon für Habeck als Finanzminister geworben. Er könne sich niemand besseren in diesem Amt vorstellen, schrieb Bayaz am Samstag auf Twitter.

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz setzt auf eine langfristige Perspektive für eine Ampel-Koalition. "Wir wollen nicht nur jetzt professionelle Ampel-Verhandlungen führen, sondern gemeinsam dann auch so gut regieren, dass wir wiedergewählt werden", schrieb Scholz am Samstag auf Twitter. Das gelinge, wenn die künftige Bundesregierung den Bürgerinnen und Bürgern zeige: "Da ist ein Aufbruch, die treffen die richtigen Entscheidungen für unsere Zukunft."

Aus der Union kamen am Wochenende unterschiedliche Einschätzungen zum Sondierungspapier der potenziellen Ampel-Partner. "Da sind viele gute Sachen drin", sagte CDU-Chef Armin Laschet am Samstag beim Deutschlandtag der Jungen Union in Münster. Vieles sei aber auch "verklausuliert". Der CDU-Wirtschaftsexperte Friedrich Merz hatte am Freitagabend bereits von einem "beachtlichen Papier" gesprochen. "Das hätten wir auch haben können", urteilte Merz.

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus befand hingegen: "Das ist die strammste Linksagenda, die wir seit Jahrzehnten in Deutschland gehabt haben." Brinkhaus fügte am Sonntag hinzu: "Es ist ein soziales Wünsch-dir-was. Allen wird alles gegeben, allen wird alles erfüllt". Der CDU-Aussenexperte Norbert Röttgen sieht in dem Sondierungspapier erst einmal einen "Grund zur Zuversicht" für die Union. Es zeige sich, dass die voraussichtlichen Ampel-Koalitionäre noch keine Antworten auf die drängenden Fragen hätten, sagte Röttgen dem RND.

(AWP)