Das Modell 2022, das die Eidgenössische Kommission für Familienfragen (EKFF) am Dienstag in Bern den Medien vorstellte, schlägt für die Väter mehr Elternzeit vor. Mindestens 15 der neu 38 Wochen soll der Vater beziehen. Tut er es nicht, verfällt der Anspruch auf die Elternzeit. Auf die Mutter übertragbar ist er nicht.

Vater-Kind-Beziehung stärken

In Ländern mit Elternzeit habe sich gezeigt, dass mit der freien Wahl Väter zugunsten der Mütter auf Elternzeit verzichteten, schrieb die EKFF zum neuen Modell. Das verhindere eine erhöhte Arbeitsmarktpartizipation der Mütter, mit allen negativen Folgen.

Elternzeit unterstütze die Entwicklung und die Gesundheit der Kinder, macht die EKFF geltend. Für die Mütter sinke mit der Elternzeit das Risiko durch Depressionen und psychische Belastungssituationen, und sie stärke die Vater-Kind-Beziehung.

Vorteile sieht die EKFF auch für die Wirtschaft, sofern die Elternzeit nicht zu lange dauere. Sie steigere die Produktivität und steigere die Erwerbstätigkeit von Frauen. Frauen könnten damit auch ihre Renten verbessern. Und gut ausgebildete Frauen würden sich dank Elternzeit vermehrt für und nicht gegen Kinder entscheiden.

In 18 Monaten beziehen

Die 38 Wochen Elternzeit sollen in den ersten 18 Lebensmonaten des Kindes bezogen werden müssen, zum grössten Teil aber nicht gleichzeitig. Konkret schlägt die EKFF vor, dass Vater und Mutter innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt zwei Wochen gemeinsame entschädigte Elternzeit haben - so ist es bereits heute.

Bleiben soll das Arbeitsverbot von acht Wochen für Mütter nach der Geburt. Die Frauen können neu zusätzlich über 15 Wochen Elternzeit verfügen und davon bis zu sieben Wochen dem Vater abtreten. Die übrigen 15 Wochen Elternzeit sind für Väter reserviert. Die Elternzeit soll am Stück oder gestaffelt bezogen werden können.

Mütter können also 16 bis 23 Wochen Elternzeit beziehen und Väter 15 bis 22 Wochen. Auch eine Aufteilung von je 19 Wochen für Mutter und Vater ist möglich. Profitieren sollen alle, die vor der Geburt ihres Kindes eine Erwerbsarbeit hatten, unabhängig vom Zivilstand.

Ein Recht auf Elternzeit sollen auch Mütter und Väter haben, die vor der Niederkunft Anspruch auf Kranken- oder Unfalltaggelder sowie Taggelder der Arbeitslosenversicherung haben. Gleiches soll für Eltern in Ausbildung und während dem Studium gelten.

Müttern will die EKFF die Elternzeit schon zwei Wochen vor der Geburt ermöglichen. Der frühere Beginn der Elternzeit entlaste Arbeitgeber, da Abwesenheiten von Schwangeren heute als krankheitsbedingtes Fehlen gelten würden.

Höhere Lohnbeiträge

Finanzieren will die EKFF die entschädigte Elternzeit über die Erwerbsersatzordnung (EO). Sie geht davon aus, dass Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge an die EO von je 0,5 Prozent um je 0,4 bis 0,5 Prozentpunkte angehoben werden müssten, wie Geschäftsleiterin Nadine Hoch vor den Medien sagte. Das erfordere eine Gesetzesänderung.

Mütter sollen während des achtwöchigen Arbeitsverbotes ihr volles Einkommen erhalten. Die übrige Elternzeit würde zu 80 Prozent des Lohns entschädigt, so wie heute der Mutterschutz.

Die geschätzten Kosten des neuen Modells schätzt die EKFF auf maximal 2,682 Milliarden Franken - ohne 100-Prozent-Entschädigung während des Arbeitsverbots für Mütter. Der heutige Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub kostet demgegenüber rund 1 Milliarde Franken.

Die effektiven Kosten hängen davon ab, wie viel Elternzeit Mütter und Väter beziehen- die EKFF geht hier von rund 2,4 Milliarden Franken aus. Eine um ein Prozent höhere Frauenerwerbsquote generiere genügend Steuereinnahmen, um 18 bis 20 Wochen Elternzeit zu finanzieren.

Der Schweizerische Arbeitgeberverband kritisierte die Forderung in einer Mitteilung als "nicht finanzierbares Urlaubsmodell". Er will für mehr Chancengleichheit auf bessere Betreuungsangebote für Kinder und flexiblere Arbeitsformen setzen, um Mütter mit grösseren Pensen im Arbeitsmarkt zu behalten.

Heute haben erwerbstätige Mütter nach der Geburt eines Kindes Anrecht auf 14 Wochen Mutterschaftsurlaub, entschädigt aus der EO. Für Väter gibt es seit 1. Januar 2021 zwei Wochen entschädigten Urlaub bei Geburten. Er kann am Stück oder gestaffelt bezogen werden.

(AWP)