Die Kommission hat eine entsprechende Motion sowie eine parlamentarische Initiative beschlossen, wie die Parlamentsdienste am Dienstag mitteilten. Die parlamentarische Initiative sieht vor, dass die Nichtwiederausfuhrerklärung hinfällig wird, wenn die Wiederausfuhr des Kriegsmaterials in die Ukraine im Zusammenhang mit dem russisch-ukrainischen Krieg erfolgt.
Die Motion hat dasselbe Ziel, ist indes offener formuliert. Demnach soll die Nichtwiederausfuhrerklärung aufgehoben werden können, wenn sich die Wiederausfuhr auf eine Situation bezieht, in der der Uno-Sicherheitsrat oder die Uno-Generalversammlung mit Zweidrittelmehrheit einen Widerspruch zum völkerrechtlichen Gewaltverbot festgestellt hat.
Neutral oder nicht?
Der Entscheid für Lockerungen im Kriegsmaterialgesetz fiel in der Kommission gemäss Mitteilung mit 14 zu 11 Stimmen. Die Mehrheit argumentierte demnach, die Schweiz müsse ihren Beitrag zur europäischen Sicherheit leisten und dementsprechend die Ukraine stärker unterstützen.
Ihrer Auffassung nach stehen die beantragten Änderungen im Einklang mit dem Neutralitätsrecht, da sie nicht die direkte Ausfuhr von Kriegsmaterial in Konfliktgebiete erlauben, sondern lediglich die Nichtwiederausfuhrerklärungen der Länder betreffen, die Schweizer Kriegsmaterial kaufen.
Die Minderheit der Kommission - unter anderem Vertreterinnen und Vertreter der SVP und der Grünen - erachtet die Wiederausfuhr von Schweizer Kriegsmaterial in die Ukraine im Hinblick auf die Neutralität als problematisch, namentlich in Bezug auf das vom Neutralitätsrecht vorgesehene Gleichbehandlungsprinzip.
Mit der parlamentarischen Initiative befasst sich als nächstes die Schwesterkommission des Ständerats. Die Motion geht an den Bundesrat zur Beantwortung und danach an die grosse Kammer. Falls der Bundesrat eine Änderung des Kriegsmaterialgesetzes ablehnt, wäre es für die SIK-N-Mehrheit denkbar, dass die Regierung der Bundesversammlung zur Klärung der Situation im Selbstverteidigungsfall der Ukraine eine sinngemässe Parlamentsverordnung vorschlägt.
Mehrere Gesuche abgelehnt
Zahlreiche Länder haben in den vergangenen Wochen und Monaten den Bundesrat ersucht, Schweizer Waffen an die Ukraine weiterzugeben. Bis anhin lehnte der Bundesrat diese Gesuche stets ab. Er verwies dabei auf die erst kürzlich beschlossene Verschärfung des Bundesgesetzes über das Kriegsmaterial sowie auf neutralitätsrechtliche Aspekte.
Diese ablehnende Haltung brachte der Schweiz international viel Kritik ein. Es droht laut der SIK-N mitunter die Problematik, dass die Schweiz in einem westlichen Wertebündnis nicht mehr als verlässliche Partnerin wahrgenommen wird. Die Ukraine sei von Russland völkerrechtswidrig angegriffen worden und verteidige nun Werte, wie sie auch von der Schweiz gelebt und im internationalen Kontext stets eingefordert würden.
Der Kommission gehe es darum, "eine vorübergehende und klar befristete Anpassung bei den Wiederausfuhrregelungen vorzunehmen, um der Ukraine im Krieg gegen Russland beizustehen", hiess es weiter. Die Schweiz würde mit den neuen Regeln weiterhin selbst keine Waffen direkt an die Ukraine liefern und damit das Neutralitätsrecht nicht verletzen.
Gsoa kritisiert SP
Während die SP ihre Haltung zum Thema geändert hat und nun von einem "pragmatischen Kompromissvorschlag" spricht, befürchtet die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (Gsoa) eine "Aushöhlung des Kriegsmaterialgesetzes". Aus ihrer Sicht lässt das Neutralitätsrecht die Aufhebung der Nichtwiederausfuhrerklärung für einzelne Länder nicht zu.
Würde die Schweiz Deutschland erlauben, Waffen an die Ukraine weiterzuliefern, müsste sie dasselbe tun, wenn der Iran ein Gesuch stelle, um Rheinmetall-Kanonen an Russland weiterzugeben, so die Argumentation der Gsoa. In diesem Fall würde der Bundesrat vor einem Dilemma stehen.
(AWP)