Sitten (awp/sda) - Nachdem der Lonza-Konzern in den vergangenen Jahren bereits 1000 neue Arbeitsplätze geschaffen hat, will das Unternehmen dieses Jahr angesichts der gestiegenen Nachfrage in der Coronavirus-Pandemie nochmals 1200 Stellen schaffen. In einer dezentralen Region wie dem Oberwallis ist dies eine Herausforderung auf zahlreichen Ebenen.
Lonza hat angesichts des Fachkräftemangels bereits damit begonnen, für neue Produktionsanlagen nach spezialisiertem Personal in der Schweiz und im Ausland zu suchen.
Der Konzern kann dabei auf die Hilfe von mehreren Seiten zählen - so will auch der Bund das Vorhaben unterstützen, wie er Anfang der Woche mitgeteilt hatte. Geeignete Absolventen werden laut Medienberichten auch an Hochschulen gesucht. Sogar der Nestlé-Konzern soll einen Appell zur Unterstützung gestartet haben. Lonza wollte dies aber weder kommentieren noch bestätigen.
Zahlreiche Investitionen
In den vergangenen Jahren hat das Oberwallis aber bereits rund 10'000 zusätzliche Einwohner aufgenommen, und der Trend setzt sich fort. Es herrscht Aufbruchstimmung. So hat Lonza zirka eine Milliarde Franken in die Erweiterung seines Standortes in Visp investiert. Scintilla von der Bosch-Gruppe erweitert sein Werk in St. Niklaus, die Matterhorn Gotthard Bahn wird in den nächsten fünf Jahren 850 Millionen Franken in ihre Infrastruktur investieren und ein neues Spital befindet sich in Brig-Glis im Bau.
"Zur Bewältigung des künftigen Wirtschaftswachstums benötigt es viele hundert weitere Fachkräfte", erklärte diesbezüglich Marc Franzen, Direktor des Regionalentwicklungsprogramms. "Heute können von rund 900 offenen Lehrstellen nur 700 besetzt werden", hiess es weiter. Die Region müsse einerseits an den internationalen Arbeitsmarkt angeschlossen und Neuankömmlinge auch so gut wie möglich integriert werden, beschrieb er die Ziele des Entwicklungsprogramms.
Hohe Lebensqualität
Laut Franzen ermöglicht die Suche nach Personal ausserhalb des Wallis und der Schweiz auch, nicht zu stark mit lokalen kleinen und mittleren Unternehmen zu konkurrieren. Auch wenn er einräumt, dass ein solches Risiko bestehen bleibe. Um Mitarbeiter mit Kleinkindern anzulocken, hob Franzen die schönen Landschaften, die vielen Möglichkeiten für Outdoor-Aktivitäten und generell Lebensqualität hervor. Argumente, die ins Schwarze treffen: "Die Hälfte der Rekrutierten kommt mit ihren Familien, einem oder zwei kleinen Kindern", erklärte Franzen weiter.
Als Reaktion darauf "haben die Gemeinden die Kinderbetreuung und die ausserschulische Betreuung stark ausgebaut", hiess es. Im Jahr 2020 standen 900 Plätze zur Verfügung. Eine Zahl, die sich bis zum Jahr 2024 verdoppeln könnte. In Visp sei ausserdem die Planung eines Campus für kleine Kinder im Gange, versichert der Präsident der Gemeinde Niklaus Furger. Schulgebäude konnten bisher die neuen Schüler aufnehmen.
"Nach dem Babyboom war unsere Infrastruktur für einen ganzen Zeitraum grösser als der tatsächliche Bedarf. Aber wir stossen an die Grenze." Auch hier wird ein regionales Projekt in Betracht gezogen.
Wasserversorgung als Problem
Allein in Visp befinden sich obendrein 300 neue Wohnungen im Bau. "Es ist riesig, wenn man bedenkt, dass die Stadt nur 8000 Einwohner hat", merkte Franzen an. Geschäfte, Restaurants, Kulturzentrum: Im Übrigen verfüge die Stadt bereits über eine ausgebaute Infrastruktur für die rund 7000 Pendler, die täglich dorthin kommen.
Und was ist mit dem Wasser? Das Wassernetz der Stadt muss dagegen schnell umgestaltet werden. Mit der Neupositionierung von Lonza im Pharmasektor verbraucht das Unternehmen viel mehr Wasser. Um diesen wachsenden Bedarf und jenen der Bevölkerung und der KMU zu decken, läuft derzeit ein regionales Projekt zur Ausweitung der Trinkwasserversorgung für 10 Millionen Franken.
Im Moment gibt es angesichts dieses Booms nur wenige kritische Stimmen, zumal die Arbeitslosenquote in der Region nur bei etwa einem Prozent liegt. Dies könnte sich jedoch ändern, falls die Gemeinden nicht mehr in der Lage wären, die Bedürfnisse ihrer Gesamtbevölkerung zu befriedigen, erklärte Franzen. Daher ist eine gute Planung zwischen Gemeinden und Unternehmen wichtig, da laut durchgeführten Umfragen "75 Prozent der Neuankömmlinge sich selbst im Falle eines Arbeitsplatzwechsels weiterhin in der Region aufhalten würden".
(AWP)