Die Europäische Zentralbank bleibt mit Blick auf die Folgen des Ukraine-Krieges bei der Ausrichtung ihres Kurses wachsam. Es würden notfalls alle notwendigen Schritte eingeleitet, wenn sich die Folgen des Konflikts verschärften und die Konjunkturerholung abzuwürgen drohten, sagte EZB-Chefin Christine Lagarde am Donnerstag in Frankfurt. Die EZB werde sicherstellen, dass die Geldpolitik reibungslos umgesetzt werde. Notfalls könnten auch neue Instrumente geschaffen werden.

Der Krieg in der Ukraine wird nach Ansicht der OECD die globale Konjunktur bremsen und die Inflation hochtreiben. Das Wachstum der Weltwirtschaft dürfte wegen des Konflikts 2022 um mehr als einen Prozentpunkt niedriger ausfallen, erklärte die Industriestaaten-Gruppe am Donnerstag. Zudem könnte sich "die bereits zu Jahresbeginn hohe Inflation um mindestens zwei weitere Prozentpunkte erhöhen".

Die Inflationsrate im Euroraum ist mit 5,9 Prozent zuletzt bereits meilenweit über die Zielmarke der EZB von 2,0 Prozent hinausgeschossen. Die Notenbank hat vor diesem Hintergrund beschlossen, ihre milliardenschweren Anleihenkäufe schneller zurückzufahren und im Sommer zu beenden, wenn es der Inflationsausblick erlaubt. Damit wäre der Weg für die Zinswende frei, die die US-Notenbank Fed am Mittwoch bereits vollzogen hat. Ähnlich wie in Europa ist auch dort Energie ein starker Preistreiber. Durch die Folgen des Ukraine-Krieges dürfte sich der Auftrieb noch verstärken - auch weil sich die Preise für Öl, Gas und auch Weizen weiter verteuern.

Zinserhöhung «realistisch»

EZB-Ratsmitglied Klaas Knot dringt angesichts der Entwicklung auf ein Ende der Anleihenkäufe im Sommer und schließt zwei Zinserhöhungen im laufenden Jahr nicht aus. "Wir müssen aus dem Anleihenkaufprogramm so schnell wie möglich aussteigen", sagte der Niederländer. Er sei dafür, das Volumen der Zukäufe im Rahmen des Bondprogramms APP im Juli auf zehn Milliarden Euro zu begrenzen und sie Ende Juli einzustellen. Eine Zinserhöhung im vierten Quartal sei weiter eine realistische Erwartung. Auch zwei Anhebungen im laufenden Jahr seien nicht auszuschließen. Allerdings müssten in diesem Fall die Inflationsprognosen weiter nach oben revidiert werden.

Die EZB-Volkswirte erwarten für das laufende Jahr mittlerweile eine durchschnittliche Teuerungsrate in der Währungsunion von 5,1 Prozent. Noch im Dezember hatten sie 3,2 Prozent veranschlagt. 2023 soll die Teuerungsrate bei 2,1 (bisher 1,8) Prozent liegen und 2024 dann auf 1,9 (bisher: 1,8) Prozent nachgeben.

(Reuters)