Laut einer Studie des Branchenbeobachters OAG Aviation Worldwide waren Ende Januar noch 47'756 Routen in Betrieb. Anfang November lag ihre Zahl bei nur noch 33'416. Die Auswirkungen sind gerade für kleinere Orte schmerzlich. So hat das australische Touristenstädtchen Hervey Bay seine letzte Direktverbindung mit Sydney eingebüsst. Dies belastet nicht nur die Reisewirtschaft. Ein lokaler Hersteller von Lastwagen-Teilen hat nun Probleme, Kunden in der Metropole zu erreichen.

Corona hat die Flugbranche in eine Krise gestürzt, die die Fortschritte des Fliegens in den vergangenen fünfzig Jahren zu unterhöhlen droht. Auslandsreisen werden künftig sowohl für Geschäftsreisende als auch für Urlauber mit mehr Flughafen-Zwischenstopps, längeren Reisezeiten und vielleicht auch zusätzlichen Verkehrsmitteln verbunden sind. Selbst wenn gegen Corona ein wirksamer Impfstoff auf den Markt kommt, könnten die ökonomischen Realitäten bedeuten, dass viele im Zuge der Pandemie eingestellten Flugrouten nicht wieder aufgenommen werden. 

Airline ist kollabiert

"Wir leben in der Hoffnung, dass sie zurückkommt", sagt der stellvertretende Bürgermeister von Hervey Bay, Darren Everard, mit Blick auf die Flugverbindung nach Sydney. Die Route ist eine von acht Regionalstrecken, die die Fluggesellschaft Virgin Australia aufgab, nachdem sie im April unter einem Schuldenberg von 6,8 Milliarden australischen Dollar (4,5 Milliarden Franken) kollabiert war.

Hervey Bay ist mehr als drei Autostunden von der Hauptstadt des Bundesstaats Queensland, Brisbane, entfernt. Der Ort ist ein bekannter Ausgangspunkt für Walbeobachtungstouren und populär für Besuche der nahe gelegenen Insel Fraser Island.

Von der Ausdünnung des Flugrouten-Netzes ist auch Australiens Hauptstadt betroffen. Von Canberra aus gibt es keinerlei Direktflüge ins Ausland mehr, nachdem Singapore Airlines im September die Route nach Singapur eingestellt hat. "Es wird gut vier bis fünf Jahre dauern, bis die Verbindungen wieder das Niveau erreicht haben, das wir Ende 2019 hatten", sagt Subhas Menon, Generaldirektor des Branchenverbandes von Fluglinien im asiatisch-pazifischen Raum, der die Interessen von Gesellschaften wie Singapore Air, China Airlinesund Cathay Pacific vertritt. "Einige dieser Strecken werden vielleicht nie wieder aufgenommen."

Unrentable Routen werden gestrichen

In den USA warnte der Chef von American Airlines im vergangenen Monat, ohne zusätzliche Staatshilfen drohten Teile des Landes vom Flugbetrieb abgeschnitten zu werden. "Es wird auf jeden Fall eine Einstellung des Dienstes für kleine Städte geben, und es wird viel weniger Dienste für grössere Städte geben", sagte Parker am 8. Oktober im Interview mit dem Sender CNBC. American Airlines habe Flüge in 13 US-Städte gestoppt und den Zeitrahmen dafür bis Ende November verlängert.

Routen mit den schwächsten Gewinnmargen werden zuerst gekappt, sagt Dirk-Maarten Molenaar, der beim Beratungshaus Boston Consulting Group in Amsterdam den Bereich Reise und Tourismus in den Weltgegenden Europa, Naher Osten und Afrika betreut. Indessen seien die Fluggesellschaften bestrebt, Routen beizubehalten, die als Zubringer für grössere Drehkreuze dienen.

(Bloomberg/cash)