Die Corona-Pandemie hat 2020 die weltweite Wirtschaft massiv belastet. Wo haben Sie zu Beginn der Pandemie die Prioritäten gesetzt?

Marcel Pawlicek: Die Welt ging letztes Jahr in einen Schockzustand. Die erste Priorität war die Gesundheit unserer Mitarbeitenden und Business Partners. Unser Hauptfokus lag dann darauf, die bestehenden Projekte voranzutreiben und vor allem die Lieferketten aufrechtzuerhalten. Was jedoch nicht vergessen werden darf: Wir arbeiten an Projekten, die sehr lange Anlauf- und Herstellungszeiten haben. Die Lieferzeit für einen Kompressor liegt je nach Grösse zwischen acht und zwanzig Monaten. Das ist also nichts, was sie heute bestellen und morgen bekommen.

Mehr als ein Jahr später haben sich die Vorzeichen umgedreht. Die Konjunktur zieht weltweit an. Inwiefern hat dies den Ausblick für das laufende Geschäftsjahr verändert?

Wir haben den Ausblick im November bestätigt. Ich kann aber bis zum Geschäftsbericht im Juni nicht mehr dazu sagen. Wir halten nach wie vor an unseren Aussichten für 2022 fest. Wir planen weiterhin mit 700 Millionen Umsatz und einer EBIT-Marge von 10 bis 15 Prozent. Damals rechneten wir damit, dass die Bereiche Neumaschinen und Service jeweils 50 Prozent zum Umsatz beitragen werden. Es gibt hier eventuell eine Verschiebung. Ein wenig mehr Neumaschinen und ein bisschen weniger Service.

Burckhardt Compression ist der führende Anbieter von Kolbenkompressoren zum Verdichten, Kühlen oder Verflüssigen von Gas. Die Kolbenkompressoren werden auch vielfach in sogenannten 'schmutzigen' Industrien wie Petrochemie oder Raffinerien eingesetzt. Burckhardt ist wohl für Anleger und Anlegerinnen weiterhin kein 'grünes' Investment?

Nachhaltigkeit ist bei uns ein wichtiges Thema. Es ist immer eine Annahme und eine Wahrnehmung, ob ein Unternehmen in einem 'schmutzigen' Bereich tätig ist.

Sie finden diese Wahrnehmung falsch?

Petrochemie ist nicht unbedingt schmutzig. Kunststoffe braucht jeder alltäglich. Ich rede zudem nicht von Einwegbesteck. Dies ist etwas, was auch ich ablehne. Bei uns geht es schlussendlich um Industriekunststoffe. Jedes Elektroauto ist vollgepumpt damit. Die Hersteller müssen Gewicht reduzieren, damit diese Autos effizient sind. Wir sind auch mit unseren Petrochemie-Kunden im Kontakt, da Recycling von Kunststoffen ein sehr grosses Thema geworden ist. Hier geht es nicht um das Verkleinern des Kunststoffes, sondern die Zerlegung in die ursprüngliche Form.

Doch das Raffineriegeschäft ist sehr wichtig für Burckhardt Compression?

Ja, das Raffineriegeschäft ist wichtig für uns. Doch dort ist die Aufgabe unserer Maschinen, das Rohöl von beispielsweise Schwefel zu reinigen, damit es umweltfreundlicher wird. Direkt mit Öl haben wir per se nichts zu tun. Wir bauen keine Pumpen, sondern Kompressoren. 

Trotzdem: Inwiefern beeinflussen die weltweiten Bemühungen für eine grünere Wirtschaft ihre Geschäftstätigkeit?

Die Energiewende ergibt für uns neue Geschäftsmöglichkeiten. Wir reden heute von Erdgas als Teibstoff für Schiffsmotoren. Der CO2-Ausstoss ist damit 25- bis 30-mal tiefer, wie wenn Schwer-Öl verwendet würde. Dies ist ein wichtiger Bereich bei uns und wir können auf jahrelange Erfahrung in diesem Bereich zurückgreifen.

Die Politik sowohl in der EU als auch in den USA hat die Weichen klar in Richtung Wasserstofftechnologie gestellt. Kommt dies Ihnen entgegen?

Dort wo Gas ist, ist Burckhardt Compression. Wir sind daher sehr aktiv im Wasserstoffbereich und haben bereits Projekte in den USA und in Asien gewonnen. Im Industriegasbereich gehören mit Air Liquide und Linde zwei globale Player zu unseren Kunden.

Doch aktuell geht die Entwicklung eher in die Richtung von Elektrofahrzeugen mit Batterien als Energieträger.

Wasserstoff ist vor allem für Lastwagen spannend. Diese sollen ja 500 bis 600 Kilometer fahren. Ein Akkupaket ist diesbezüglich vermutlich zu schwer. Mit der Wasserstoffproduktion und der Elektrolyse kommen aber auch andere Treibstoffe zurück. Man spricht heute schon von Schiffen mit Ammoniak als Treibstoff. Auch Methanol erfährt ein steigendes Interesse. Für die Herstellung von Ammoniak und Methanol braucht man Wasserstoff. Diese Entwicklung ist für uns spannend. Dies sind alles Gase, die verdichtet und transportiert werden müssen. Die Arbeit wird uns nicht so schnell ausgehen.

Von welchen 'grünen' Trends könnte Burckhardt auch noch profitieren?

CO2 kann man beispielsweise versteinern oder in Kavernen speichern. Und für die Herstellung von synthetischem Treibstoff wird ebenfalls CO2 verwendet. Dies sind alles Themen, die uns bewegen.

In der Vergangenheit verging fast kein Jahr, ohne dass eine Übernahme vollzogen wurde. Wird Burckhardt Compression auch zukünftig über diesen Weg wachsen?

Das war in der Vergangenheit ein Teil unserer Strategie. Im Neumaschinenbereich gehen wir heute davon aus, dass wir mit unseren Werken sehr gut positioniert sind. Wir werden sicherlich weiterhin kleinere Akquisitionen anstreben, um vor allem den Servicebereich zu verstärken. Wir ziehen diesbezüglich Akquisitionen auf lokaler und regionaler Ebene in Betracht. Insbesondere in Asien und Mittleren Osten sehen wir noch Potenzial.

Was hebt Burckhardt Compression gegenüber der Konkurrenz ab?

Wir haben uns auf die Fahne geschrieben, die Nummer Eins im Neumaschinenbereich und der Top-Dienstleister für dieses Equipment zu sein. Burckhardt Compression fokussiert sich im Gegensatz zu den meisten Konkurrenten auf ein Produkt. Wir stellen Kolben-Kompressoren her und beschäftigen uns mit Gasverdichtung. Zudem verfügt Burckhardt Compression im Neumaschinenbereich über ein globales Netzwerk mit fünf Fabrikationsstandorten und bietet parallel dazu von 50 Zentren weltweit aus seinen Service an. Es gibt heute niemanden, der den Service auf globaler Ebene so intensiv wie wir betreibt. Schlussendlich sind wir ein Unternehmen mit Schweizer Wurzeln. 

Sie leben bei Burckhardt Compression Schweizer Werte?

Es ist so. Werte wie Pünktlichkeit, Qualitätsorientierung und Sauberkeit erwarten wir auch von unseren Tochtergesellschaften in Indien oder China. Daran halten wir fest, obwohl mittlerweile zwei Drittel unserer Mitarbeitenden nicht mehr in der Schweiz leben.

Gehört zu diesen Werten auch Beständigkeit? Sie sind immerhin seit 2011 CEO von Burckhardt Compression.

Ich bin seit zehn Jahren CEO, aber bereits 42 Jahre in der Firma. Die durchschnittliche Firmenzugehörigkeit unserer Mitarbeitenden ist mit 8,5 Jahren relativ hoch.

Marcel Pawlicek ist Diplom-Ingenieur der HTL Winterthur. Zusätzlich hält er einen MBA in Marketing und International Business der Fordham University in New York. Seine Berufskarriere startete als Konstrukteur bei der Maschinenfabrik Sulzer-Burckhardt von 1986 bis 1989. Danach war Marcel Pawlicek zehn Jahre lang Projektleiter und Leiter Marketing und Verkauf Burckhardt Kompressoren bei Sulzer, USA. Zurück in der Schweiz war er Leiter Verkauf und Contracting bei der Maschinenfabrik Sulzer-Burckhardt (1999-2001), von 2001 bis 2011 schliesslich in weiteren Leitungsfunktionen bei Burckhardt Compression, bis er dann im 2011 deren CEO wurde.

 

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