Wie der heute präsentierte Immobilienbericht von Raiffeisen zeigt, haben sich Einfamilienhäuser im dritten Quartal gegenüber dem zweiten um 0,7 Prozent verteuert. Stockwerkeigentum hingegen ist im Durchschnitt 0,2 Prozent günstiger geworden.

Zeichnen sich für diese beiden Segmente unterschiedliche Trend-Entwicklungen ab? Raiffeisen-Chefökonom Martin Neff verneint: "Es zeichnet sich nur ein Trend ab, nämlich eine höhere Reife im Immobilienzyklus", sagt er im Video-Interview mit cash. Die schwache Korrektur beim Stockwerkeigentum sei ein Zeichen einer Sättigung.

Dass Einfamilienhäuser preislich nochmals zulegen, zeigt gemäss Neff, dass die eine oder andere Familie weiterhin von den eigenen vier Wänden träumt. Diesen Traum müssten diese Familien aber tendenziell eher auf dem Land verwirklichen, da dort Bauland noch erschwinglich sei.

Keine Spekulation im Markt

Die gegenwärtig hohen Bewertungen im Immobilienbereich und der nun einsetzende Preisfall in einzelnen Segmenten weckt unschöne Erinnerung an den den letzten grossen Schweizer Immobiliencrash in den frühen 1990er Jahren. Damals mussten Schweizer Banken über 42 Milliarden Franken abschreiben. Besonders die auf die Hypothekenvergabe fokussierten Regionalbanken kamen unter die Räder.

Neff sieht zwar die in den letzten 10 Jahren massiv angestiegenen Preise im Immobilienbereich, doch fehlt ihm für einen Crash ein entscheidendes Element: Die Spekulation. Bei der letzten grossen Immobilienkrise hätte die Schweiz spekulationsgetriebene Blasen in einem heissgelaufenen Markt erlebt. Heute hingegen würden Familien Häuser erwerben, um darin günstiger zu leben als in einer Mietwohnung. "Das hat nichts mit Spekulation zu tun."

Lockerung der Hypotheken-Vorschriften gefordert

Der Raiffeisen-Chefökonom geht sogar noch einen Schritt weiter und fordert eine Senkung des für die Hypothekenvergabe auf fünf Prozent festgelegten kalkulatorischen Zinssatzes, welcher Zahlungsausfälle im Falle eines Zinsanstiegs verhindern soll: "Diese fünf Prozent sind nicht mehr zeitgemäss. Wir halten 3 Prozent für einen realistischeren Zinssatz."

Neff begründet seine Forderung damit, dass die Inflationsspitze gebrochen sei und nicht mehr Levels von 10 oder 15 Prozent erreicht würden. Seit den 1990ern haben die Schweiz nur kurz eine Preisteuerung von 6 Prozent erlebt, seither habe diese viel tiefere Werte erreicht. "Zinsniveaus von 4 Prozent werden wir nicht mehr sehen."

Die Finanzmarktsicht Finma und die Schweizerische Nationalbank verfolgen im Gegensatz zu den Raiffeisen-Banken den mehrjährigen Immobilienboom skeptischer. Ihrer Ansicht nach bestehen Ungleichgewichte auf dem Hypothekar- und Immobilienmarkt. Verschiedene Massnahmen zur Stabilisierung wurden eingeführt: Hypotheken müssen seit 2014 innert 15 Jahren linear auf zwei Drittel des Belehnungswertes reduziert werden. Darüber hinaus muss bei der Hypotheken-Finanzierung mindestens 10 Prozent hartes Eigenkapital eingesetzt werden.

Im cash-Video-Interview sagt Martin Neff ausserdem, ob der Angebotsüberhang bei den Mietwohnungen nun zu einem Fall der Mietpreise führen wird.