1'799'000 Stimmberechtigte lehnten die Initiative gemäss der Zählung der Nachrichtenagentur Keystone-SDA ab, 1'062'700 (37,1 Prozent) stimmten ihr zu. Einzig im Halbkanton Basel-Stadt fand das Anliegen mit 55,2 Prozent Ja eine Mehrheit. Auch einige grosse Städte stimmten zu.

Sonst aber hatte die Initiative keine Chance und scheiterte auch klar am Ständemehr. 25 Kantone lehnten sie letztlich ab, am wuchtigsten der Kanton Appenzell Innerrhoden mit 78,4 Prozent, am knappsten Genf mit 52,7 Prozent Nein-Stimmen.

Anders als bei den drei anderen Vorlagen vom Sonntag ergab sich bei der Massentierhaltungsinitiative also kein Sprach- oder Geschlechtergraben, allenfalls ein nicht sehr ausgeprägter respektive diesmal nicht entscheidender Stadt-Land-Graben. Die Stimmbeteiligung lag bei 51,6 Prozent.

Berset: Gesetz respektiert Tierwürde

Der für das Dossier zuständige Bundesrat Alain Berset zeigte sich am Sonntagabend vor dem Medien in Bern zufrieden mit dem Resultat. Eine deutliche Mehrheit der Stimmenden habe damit zum Ausdruck gebracht, dass "die Würde der Tiere in unserem Land durch die Gesetzgebung respektiert wird". Das Tierwohl sei dem Bundesrat wichtig. Er strebe auch künftig schrittweise weitere Verbesserungen in diesem Bereich an.

Die Stimmenden hätten honoriert, dass das Niveau beim Tierwohl in der Schweiz schon heute hoch sei, sagte Martin Rufer, Direktor des Schweizerischen Bauernverbands (SBV), am Sonntag gegenüber dem Schweizer Fernsehen SRF. Sein Verband hatte die Nein-Kampagne koordiniert.

Das Nein zeige, dass die Bevölkerung die einheimische Produktion nicht gefährden wolle, teilte die FDP mit. SVP-Nationalrat Mike Egger (SG) forderte im Radio SRF einen Kurswechsel vom links-grünen Lager. Dieses dürfe die Landwirtschaft nicht länger einem "Spiessrutenlauf" aussetzen. Die Landwirtschaft sei in der Schweiz stärker reguliert als der gesamte Energiesektor.

Es sei nicht gelungen aufzuzeigen, dass eine Annahme letztlich auch der Landwirtschaft genutzt hätte, sagte Philipp Ryf, Geschäftsführer der Ja-Kampagne, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Man sei überzeugt gewesen, dass die Übergangsfrist von 25 Jahren der Schweizer Landwirtschaft die Umstellung erlaubt hätte.

Es müsse nun für die Konsumenten einfacher werden, nachhaltige Kaufentscheide zu treffen, forderten die Grünen. Fehlanreize müssten verschwinden. Umweltschonend und tiergerecht produzierte Lebensmittel sollten nicht länger mit hohen Margen verteuert werden.

Sympathie-Bonus nicht verwertet

Den Initianten ist es indes nicht gelungen, das von vielen Menschen in der Schweiz grundsätzlich als sympathisch wahrgenommene Anliegen so zu verkaufen, dass sie auch bereit gewesen wären, dafür allenfalls auf der individuellen Ebene Nachteile wie etwa höhere Preise in Kauf zu nehmen.

Die Ergebnisse der ersten Abstimmungsumfragen zeigten zwar auf, dass das Anliegen grundsätzlich einige Sympathie geniesst. Der Trend verkehrte sich dann ins Gegenteil, je näher der Abstimmungstermin rückte. Die letzten Umfragen sagten eine Nein-Mehrheit von rund 60 Prozent voraus.

Die Deutungshoheit hatte letztlich ganz klar die vom Schweizerischen Bauernverband angeführte Gegnerschaft. Sie stellte in Abrede, dass es in der Schweiz überhaupt Massentierhaltung gebe. Die Argumente der Ernährungssicherheit und des im weltweiten Vergleich bereits heute hohen Schutzstandards in der Tierhaltung überzeugten eine deutliche Mehrheit im Land.

Bio-Suisse-Richtlinien als Ziel

Die Volksinitiative gegen Massentierhaltung wollte die geltenden Standards in der Schweizer Landwirtschaft weiter erhöhen. Diese hätten sich im Minimum an den Bio-Suisse-Richtlinien von 2018 orientieren sollen, etwa bei der Grösse der Tiergruppen pro Stall, mehr Auslauf und kürzeren Wegen in die Schlachthöfe. Zudem sollte die Tierwürde in der Verfassung verankert werden.

Die Gegner warnten vor einem Bauernsterben und vor Souveränitätsverlust. Die Initiative sei zu extrem und unnötig. Die Schweiz habe bereits heute das strengste Tierschutzgesetz der Welt. Unter dem Strich müssten bei einem Ja rund 3300 Betriebe entweder ihre Tierbestände reduzieren oder die Fläche vergrössern.

Auch Parlament und Bundesrat hatten die Massentierhaltungsinitiative zur Ablehnung empfohlen. Den vom Bundesrat ausgearbeiteten direkten Gegenvorschlag zur Initiative lehnte das Parlament ebenfalls ab. Die SP, die Grünen und die Grünliberalen setzten sich für die Initiative ein, die SVP, die FDP und die Mitte lehnten sie ab.

(AWP)