Auch Medikamente gegen psychische Störungen gehörten dazu, sagte Christoph Amstutz, Leiter des Fachbereichs Heilmittel im Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL), am Freitag im "Tagesgespräch" von Radio SRF. Wenn diese Medikamente fehlten, könne es für die Patientinnen und Patienten sehr schlecht herauskommen.

Diese Thematik sei aber in den letzten Jahren schon in Bearbeitung gewesen, so Amstutz. "Die Listen sind bereit, um sie jetzt in die Pflichtlager oder Meldepflicht zu nehmen". Dies sei in einem normalen Prozess geschehen, bei dem man alle vier Jahre die Medikamente neu beurteile. Die entsprechende Verordnung wolle man nun dem Bundesrat unterbreiten.

Zudem laufe noch eine Aktion des Bundes, bei der das BWL mit dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) eine Versorgungssicherheitsplanung erstelle. Darum habe man die Verordnung etwas zurückgestellt. Damit wolle man praktisch alle kassenpflichtigen Medikamente der Meldepflicht unterstellen. Von der Meldepflicht betroffene Medikamente sind in der Verordnung über die Meldestelle für lebenswichtige Humanarzneimittel definiert.

Premiere bei Versorgungsengpass

Erstmals sei die Versorgung mit gewissen Medikamenten als problematisch eingestuft worden, so Amstutz weiter. Zuvor habe man bei Versorgungsstörungen auf Pflichtlager zurückgreifen können oder gewisse Medikamente ausgetauscht. Nun seien bei oralen Antibiotika nicht mehr alle verfügbar. Dies bedeute aber nicht, dass jetzt deswegen Menschen sterben würden. Man könne auf andere Wirkstoffe zurückgreifen, die man ansonsten wegen Resistenzen in Reserve halte.

Insbesondere bei Substanzen für Kinder fehlten Medikamente, so Amstutz weiter. Dies sei saisonal bedingt und liege an der Grippewelle und Infektionen bei Kindern, sei aber auch eine Nachwirkung der Pandemie. Es sei ein Mehrfaches an Antibiotika verbraucht worden im Vergleich zu den Vorjahren.

Die nächste Stufe wäre dann die Einschätzung der Lage als kritisch - wenn Produkte oder ganze Therapiegruppen nicht mehr verfügbar wären und das Risiko bestünde, das gewisse Personen ihre Medikamente nicht mehr bekommen und geschädigt würden, also zum Beispiel sterben. "Ich hoffe, dass wir das nicht erreichen werden in Zukunft", sagte Amstutz.

Grösse der Pflichtlager ist wirtschaftliche Frage

Die Pflichtlager für Medikamente seien auf drei bis vier Monate angesetzt. Normalerweise werde ein Pflichtlager angebraucht, momentan seien es drei. Grössere Pflichtlager wären wiederum eine wirtschaftliche Frage.

Gründe für den Engpass seien einerseits Schwierigkeiten bei den Versorgungswegen der Wirkstoffe aus dem Fernen Osten sowie der Lockdown in China. Auch der Ukraine-Krieg spiele eine Rolle. Die Medikamentenkrise sei ein weltweites Problem. Schlussendlich gehe es auch um Medikamentenpreise. Da die Preise so tief seien, gebe es zu wenig davon. Hersteller würden bei der Produktion drauflegen

Kurzfristig brauche es die vom Bund eingesetzte Taskforce. Doch auch mittel- und langfristig seien Lösungen zu finden, sagte Amstutz weiter. So sollen mit Herstellern und der Heilmittelbehörde Swissmedic auch kreative Wege gefunden oder juristische Wege beschleunigt werden. Lösungen sollen auch gemeinsam mit Zulassungsbehörden Europa gefunden werden.

"Ich denke wir sind im Tal und hoffe, dass wir langsam wieder das Tal der Tränen verlassen können". Der Lockdown in China sei vorbei und die Versorgungskette normalisiere sich, man bekomme in Zukunft wieder mehr Wirkstoffe. Amstutz rechnet damit, dass die Situation zwei bis drei Jahre mindestens problematisch, aber nicht kritisch bleiben wird.

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(AWP)