Mit den Reformvorschlägen will der Bundesrat das angeschlagene Sozialwerk bis 2030 sichern. Gehen Frauen mit 65 Jahren statt wie heute mit 64 Jahren in Rente, entlastet dies die AHV im Jahr 2031 um 1,4 Milliarden Franken. Allerdings wird ein grosser Teil dieser Summe für Ausgleichsmassnahmen gebraucht.
Höhere Mehrwertsteuer
Deshalb will der Bundesrat die Mehrwertsteuer zu Gunsten der AHV erhöhen. Mit den Zahlen des Bundesrates brächte das der AHV jährliche Zusatzeinnahmen von 2,47 Milliarden Franken. Der Ständerat will jedoch einen tieferen Ansatz, und die Mehrheit der nationalrätlichen Sozialkommission (SGK-N) einen Mittelweg.
Bundesrat, Ständerat und die Mehrheit der SGK-N sind sich einig, dass Frauen künftig erst mit 65 statt mit 64 Jahren in Pension gehen sollen und das Rentenalter in vier Schritten angehoben werden soll. Beim finanziellen Ausgleich für die betroffenen Frauen hört die Einigkeit aber auf.
Sechs Übergangsjahrgänge
Die Mehrheit der SGK-N will sechs Übergangsjahrgänge berücksichtigen - es geht um jene Frauen, die nach dem Inkrafttreten der Reform zuerst pensioniert werden. Träte die Revision 2022 in Kraft, wären es die Jahrgänge zwischen 1959 und 1964. Der Bundesrat und der Ständerat wollen beim Ausgleich neun Jahrgänge berücksichtigen.
Die Kommissionsmehrheit will beim Ausgleich grosszügiger sein als Bundesrat und Ständerat. Sie beantragt nach Einkommen abgestufte Rentenzuschläge für Frauen, die bis zum ordentlichen Rentenalter erwerbstätig bleiben. Bei einem massgebenden durchschnittlichen Einkommen von bis zu 57'360 Franken soll es 150 Franken geben.
Bei bis 71'700 Franken Einkommen sollen es 100 Franken sein und bei höheren Einkommen noch 50 Franken. Frauen, die ihre Rente bis zu drei Jahre im Voraus beziehen, wird die Rente gemäss Mehrheit meist weniger gekürzt als es der Bundesrat will. Dem Rat liegen allerdings sechs Minderheitsanträge zu Gestaltung und Höhe des Ausgleichs vor.
Rot-Grün gegen höheres Rentenalter
Eine rot-grüne Minderheit will zudem die Erhöhung des Frauenrentenalters im Nationalrat bekämpfen. SP und Grüne haben ausserdem nicht weniger als fünf Rückweisungsanträge eingereicht, mit fünf unterschiedlichen Überarbeitungswünschen an den Bundesrat.
Es sind eine Zusatzfinanzierung der AHV durch Gewinne der Nationalbank, Renten, die den Existenzbedarf decken, mehr Geld vom Bund für den AHV-Ausgleichsfonds, die Forderung nach Lohngleichheit und das Warten auf bessere Renten der zweiten Säule für Menschen mit Teilzeitarbeit und tiefen Löhnen.
Flexiblerer Rentenbezug
Einen Renten-Vorbezug will die SGK-N-Mehrheit wie der Ständerat generell erst ab 63 Jahren zulassen. Der Bundesrat schlägt hier 62 Jahre vor. Im Nationalrat will es eine Minderheit gleich halten. Der Übergang in den Ruhestand kann dann bis zum Alter 70 schrittweise erfolgen.
Abgelehnt wird von der SGK-N-Mehrheit die vom Ständerat beschlossene Anhebung des Freibetrages für Erwerbstätige im AHV-Alter. Die kleine Kammer setzte diesen Freibetrag auf 24'000 Franken im Jahr herauf. Die Kommissionsmehrheit lehnt dies ab. Sie möchte, dass auf den Freibetrag verzichtet werden kann, um die Rente aufzubessern.
Auch wenn die Reform im Parlament und beim Stimmvolk eine Mehrheit finden würde, sind die Probleme der AHV auf lange Sicht nicht gelöst. Die Mehrheit der SGK-N will deshalb den Bundesrat mit einer Motion beauftragen, bis Ende 2026 eine nächste Reform zu Stabilisierung der AHV für die Zeit von 2030 bis 2040 vorzulegen.
(AWP)