Für die einen stehen virtuelle Währungen im Ruch von Spekulanten und Sicherheitslücken. Für die anderen sind Bitcoin und Co. nichts weniger als eine Alternative zum Zentralbankengeld und somit die möglichen Totengräber des Währungssystems wie wir es heute kennen.

Unbestritten ist: Der Handel mit Bitcoin nimmt laufend zu, wie Zahlen von blockchain.info zeigen. Lag die Anzahl täglicher Transaktionen mit Bitcoin vor einem Jahr noch bei 70'000, so sind es heute teilweise schon mehr als 100'000.

Aber ebenfalls klar ist: Bitcoin ist eine der schwächsten Währungen der letzten Jahre. Im Vergleich zum Höhepunkt im November 2013 (1150 Dollar) ist Bitcoin aktuell mehr als 70 Prozent weniger wert. Der Preiszerfall könnte langfristig zum hausgemachten Problem von Bitcoin werden.

Wertentwicklung von Bitcoin seit Anfang 2009, Quelle: blockchain.info

Grund dafür ist der Herstellungsprozess, der durch das Netzwerk der Bitcoin-Nutzer übernommen wird und an dem sich jeder beteiligen kann. Voraussetzung ist ein leistungsfähiger Computer, denn Bitcoins werden durch die Lösung von Rechenaufgaben geschaffen, die laufend komplizierter werden und dementsprechend mehr Rechenleistung erfordern. Analog zum Schürfen von Rohstoffen wird die Kreation von Bitcoin "Mining" genannt.

Der Lohn für die Beteiligung am Netzwerk sind Bitcoins. Doch wenn der Wert der Währung weiter sinkt, fällt irgendwann der finanzielle Anreiz weg, der die laufenden Kosten decken sollte.

Einsatzmöglichkeiten begrenzt

Auch in der Schweiz gewinnt Bitcoin zusehends an Bedeutung. Zeichen dafür ist unter anderem eine Ausstellung zum Thema Bitcoin im Zürcher Money Museum, wo erstmals in der Schweiz ein vertiefter Einblick in das digitale Zahlungsmittel gewährt wird. Nebst vielen Informationen zur Geschichte und Funktion der Bitcoin-Technologie können in der Ausstellung auch Bitcoins hergestellt werden (siehe Video).

Neben dem "Schürfen" von Bitcoin gibt es zwei weitere Möglichkeiten, um an die digitale Währung zu kommen: Man bekommt sie als Gegenleistung für Güter oder Dienstleistungen oder man kauft sie gegen Franken, Euro, Dollar etc. zum Tageskurs an einer Tauschbörse.

Der Einsatz als Zahlungsmittel ist allerdings immer noch begrenzt. In Zürich beispielsweise akzeptieren erst eine Handvoll Geschäfte die Zahlung per Bitcoin. Das dürfte sich in Zukunft sukzessive ändern, prognostiziert Jürg Conzett, Leiter des Money Museum, im Video-Interview mit cash: "Die kreativen Dienstleistungen sind in Entwicklung und kommen in den nächsten drei Jahren."

Derzeit sind rund 14,5 Millionen Bitcoin im Umlauf, was einem Gegenwert von 3,7 Milliarden Dollar entspricht. Ihre Gesamtzahl ist auf 21 Millionen beschränkt und wird im Jahr 2140 erreicht sein. Dadurch ist Bitcoin vor einer Aufblähung der Geldmenge und vor einer absichtlichen Abwertung geschützt

Ein weiterer Meilenstein in der Schweizer Bitcoin-Geschichte ist die Finma-Erlaubnis für die Bitcoin-Bank Ecurex. Sie soll im Spätherbst ihren Betrieb aufnehmen und den Tausch von Franken in Bitcoin erleichtern.

Stehen radikale Veränderungen an?

Viele Beobachter sehen aber in Bitcoin auch eine Bedrohung für den Finanzplatz. Und zwar nicht im Zahlungsmittel selbst, sondern in der Technologie, die dahintersteht: Blockchain. Sie ist eine Aneinanderreihung von Transaktionen, die von den Teilnehmern des Netzwerks validiert und verschlüsselt abgespeichert werden.

Dabei werden die einzelnen Transaktionen in sogenannten "Blocks" hinterlegt. Die Summe aller Blocks ist die Blockchain. Damit können Transaktionen vorgenommen werden, ohne dass Staaten, Zentralbanken oder andere Finanzinstitute ihre Finger im Spiel haben.

Bankenprofessor Andreas Dietrich schrieb dazu in seinem Blog: "Blockchain könnte eine der grössten Revolutionen für Finanzintermediäre mit sich bringen und die Banken als Vermittler resp. Finanzintermediäre in vielen Bereichen obsolet machen." Die Vermeidung eines zentralen Clearinghauses sei eine völlig neue Marktarchitektur, die sich von den bestehenden Finanzmärkten grundlegend unterscheide, so Dietrich.

'Wie schnell diese radikale Veränderung vonstattengeht, ist allerdings ungewiss. "Bitcoin dürfte eine Revolution auslösen, aber sie wird langsam vonstattengehen", schrieb vor Kurzem der britische Economist.

Vorsicht vor Spekulation

Durch die begrenzte Menge und die Unabhängigkeit von Zentralbanken könnten sich Kryptowährungen gerade auch in Krisenzeiten als Ausweichmöglichkeiten anbieten. Als der Euro während der Griechenland-Krise infrage gestellt wurde, kam Bitcoin vielerorts als ideale Alternative ins Gespräch. Kein Zufall auch, dass Bitcoin seinen Ursprung in der Finanzkrise hat.

Einen Schritt weiter geht Ausstellungsmacher Jürg Conzett. Der Trend gehe hin zu grösseren Währungsverbunden, sagt er. "Unser Währungssystem wird sich stark verändern, weil die Nationalwährungen ein Auslaufmodell sind."

Neben vielen Chancen gibt es aber auch einige Risiken: Ein wichtiger Punkt ist der volatile Kursverlauf von Bitcoin. Viele Beobachter gehen davon aus, dass spekulative Investoren den Kurs stark bewegen. Arturo Bris, Finanzprofessor an der Lausanner Managementschule IMD, nennt Bitcoin eine "rationale Blase". Und zwar weil im Falle steigender Nachfrage das Angebot nicht erhöht werden könne. Als Vergleich nannte Bris unlängst in einem Interview den Immobilienmarkt.

Andererseits tauchen immer wieder Fälle von gehackten oder geschlossenen Bitcoin-Börsen auf. Im Zuge der Schliessung der damals grössten Handelsplattform Mt. Gox verschwanden Anfang 2014 rund 850'000 Bitcoins (damaliger Wert: 620 Millionen Dollar). Die Meinung vieler Experten lautet deshalb: Bitcoin eignet sich als Zahlungsmittel, als Spekulationsobjekt allerdings auf keinen Fall.

 

Die Sonderausstellung "Bitcoins - Währung oder Netzwerk?" läuft noch bis Ende 2015. Der Eintritt ist frei.