Die Redaktoren von cash.ch mögen sich nicht erinnern, dass eine Online-Umfrage auf der grössten Finanzwebsite der Schweiz jemals deutlicher ausfiel als das Ergebnis von dieser Woche. Das Umfrageresultat sollte den Betroffenen zu denken geben. Nämlich den Banken.

92 Prozent der rund 4000 Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmer sagen nämlich "ja" zur Frage, ob sie als Bankkunde ihre Bareinlage bei ihrer Bank ganz oder teilweise abzögen, falls sie plötzlich Negativzinsen auf das Ersparte zahlen müssten. Bloss 9 Prozent wollen dies nicht tun. 

Zwar ist noch eine Minderheit der Schweizerinnen und Schweizer von Strafzinsen betroffen. Bislang zahlen nur Firmenkunden und wohlhabendere Privatkunden den Obolus. Aber allein die Vorstellung, dass das Schuldenmachen heutzutage belohnt und das Sparen bestraft wird, stösst Bankkunden offenbar ganz sauer auf.

Die aufziehende Gefahr erkennen die Banken selber. "Wenn bei Sparkonti Negativzinsen eingeführt werden, ist die Gefahr gross, dass es zu einem Bank Run kommt", sagte Raiffeisen-VR-Präsident Guy Lachappelle kürzlich in einem Interview mit den Tamedia-Zeitungen (Artikel bezahlpflichtig). Ein Grund, weshalb seine Bank kaum breitflächig Strafzinsen einführen wird.

Auch die Schweizerische Nationalbank (SNB), Urheberin des Negativzinses, sieht die Gefahr, dass Bankkunden massenhaft ihr Geld zurückholen. "Bargeld hat einen Zinssatz von 0 Prozent. Liegt der Zins auf Bankguthaben deutlich darunter, werden die Kunden ihre Gelder abheben", sagte SNB-Chefökonom Carlos Lenz in der "NZZ am Sonntag" (Artikel bezahlpflichtig). Für Lenz liegen die Zinsen aber noch zu wenig im negativen Bereich, als dass Kunden ihre Bank stürmen würden. Daher könne die SNB bei Bedarf die Negativzinsen noch weiter absenken.

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Ob Bankkunden bei Strafzinsen tatsächlich massenhaft Geld abziehen, es anderswo deponieren oder bar horten, ist offen. Zweifel sind aber angebracht. Bei Schweizer Bankkunden ist die Lust zum Wechseln der Bank "ausgesprochen gering ausgeprägt", wie der Vergleichsdienst Moneyland in einer Untersuchung feststellte.

Und nachdem Postfinance im Oktober des letzten Jahres die Schwelle für Negativzinsen von einer Million Franken auf 500'000 Franken senkte, sprach das Geldinstitut ein paar Monate später bloss von "marginalen Abflüssen". Ab Dezember 2019 senkt Postfinance die Schwelle erneut, nämlich auf 250'000 Franken. Auf den Barbeständen sind dann 1 Prozent Strafzins pro Jahr zu zahlen.