Nachdem es vor allem in Deutschland heftigen Protest gegen Artikel 13 der Reform (im finalen Text Artikel 17) gab, betonte die Bundesregierung zuletzt, Uploadfilter sollten bei der Umsetzung weitgehend vermieden werden. Gemeint sind Programme, die geschützte Inhalte schon beim Hochladen ins Internet erkennen und aussortieren. Kritiker fürchten, dass die Filter zu viel blocken und warnen vor Zensur. Bis zum Sonntagabend arbeitete die Bundesregierung deshalb an einer Zusatzerklärung, die die deutsche Lesart der Reform klarstellen soll. "Ziel muss sein, dass Instrument "Uploadfilter" weitgehend unnötig zu machen", heisst es darin.
Die Copyright-Reform soll das veraltete Urheberrecht in der EU ans digitale Zeitalter anpassen und Urhebern für ihre Inhalte im Netz eine bessere Vergütung sichern. Mitte Februar hatten sich Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten auf einen Kompromiss geeinigt. Diesen hatte das Europaparlament Ende März gebilligt. Die Zustimmung der EU-Staaten vom Montag ist nun der letzte Schritt, damit die Reform in Kürze in Kraft treten kann.
Die Mehrheit war jedoch knapp. Hätte Deutschland sich enthalten oder gegen das Vorhaben gestimmt, wäre es nicht zustande gekommen. Denn die Niederlande, Luxemburg, Polen, Italien, Finnland und Schweden stimmten dagegen. Belgien, Estland und Slowenien enthielten sich.
Die Bundesregierung reagierte hingegen mit der vierseitigen Zusatzerklärung auf Protest. "Upload-Plattformen sollen auch künftig als freie, unzensierte Kommunikationskanäle für die Zivilgesellschaft zur Verfügung stehen", heisst es darin. Falls doch technische Lösungen eingesetzt werden, solle die EU die Entwicklung von frei zugänglichen Technologien mit offenen Schnittstellen fördern. Zudem trifft die fragliche Regelung aus Sicht der Bundesregierung nur auf mächtige Plattformen wie YouTube oder Facebook zu. Man gehe davon aus, dass eine EU-weit einheitliche Umsetzung vereinbart werde. Falls die neuen Regeln doch die Meinungsfreiheit einschränken oder gegen EU-Recht verstossen sollten, müsse die Reform korrigiert werden.
Die Kritiker liessen sich von der deutschen Zusatzerklärung nicht beeindrucken. FDP-Chef Christian Lindner schrieb auf Twitter, die grosse Koalition habe ihre letzte Chance, Uploadfilter zu verhindern, nicht genutzt. Der Grünen-Spitzenkandidat für die Europawahl, Sven Giegold, kritisierte die Zusatzerklärung als "fragwürdige Kosmetik". Und Piraten-Politikerin Julia Reda, die eine der schärfsten Kritikerinnen des Vorhabens im Europaparlament war, sagte: "Das neue Urheberrecht macht alle zu Verlierern." EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker bezeichnete die Reform auf Twitter hingegen als fehlendes Puzzleteil des digitalen Binnenmarkts in der EU. Ähnlich äusserte sich Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU).
Auch umstritten war Artikel 11 (im finalen Text Artikel 15), der ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage vorsieht. Danach müssen Nachrichten-Suchmaschinen wie Google News für das Anzeigen von Artikel-Ausschnitten künftig Geld an die Verlage zahlen. Hier sehen Kritiker insbesondere für kleine Verlage Nachteile, die gegenüber Google eine schwache Verhandlungsposition hätten. Zudem verweisen sie auf Deutschland, wo es ein Leistungsschutzrecht schon seit 2013 gibt, das aber nicht zu nennenswerten Geldzahlungen an die Verlage führt. Die grossen deutschen Verlegerverbände begrüssten die Reform jedoch./wim/DP/jha
(AWP)