Dieser Wert wurde am Dienstag am Niederrhein in Emmerich nahe der Grenze zu den Niederlanden gemessen, sagte der Sprecher des Wasserstrassen- und Schifffahrtsamtes Rhein, Christian Hellbach, der Nachrichtenagentur Reuters. Erst am Montag war hier mit drei Zentimetern das bisherige Rekordtief vom Oktober 2018 unterboten worden. Der Pegelstand ist nicht gleichbedeutend mit der für die Schifffahrt entscheidenden Fahrrinnentiefe. Diese lag in Emmerich zuletzt bei knapp unter zwei Metern. "Schiffe können weiter verkehren", sagte Hellbach. "Sie müssen aber ihre Ladung entsprechend anpassen."

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) warnt angesichts der Entwicklung an Deutschlands wichtigster Wasserstrasse vor schwerwiegenden Folgen. "Die anhaltende Trockenperiode und das Niedrigwasser bedrohen die Versorgungssicherheit der Industrie", sagte der stellvertretender BDI-Hauptgeschäftsführer Holger Lösch. "Die Unternehmen stellen sich auf das Schlimmste ein. Die ohnehin angespannte wirtschaftliche Lage in den Unternehmen verschärft sich." Binnenschiffe könnten zurzeit nur mit minimaler Auslastung fahren - "wenn überhaupt".

Ein Umstieg auf Schiene und Strasse gestalte sich wegen der Engpässe auf der Schiene, der Corona-Pandemie und des Fahrermangels schwierig. "Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Anlagen in der chemischen oder Stahlindustrie abgeschaltet werden, Mineralöle und Baustoffe ihr Ziel nicht erreichen oder Grossraum- und Schwertransporte nicht mehr durchgeführt werden können", sagte Lösch. Lieferengpässe, Produktionsdrosselungen oder sogar Stillstände und Kurzarbeit wären die Folge.

Niedrigwasser eine Gefahr für die Energieversorgung

Das Niedrigwasser könne den Notstand bei der Energieversorgung weiter verschärfen. Die politischen Pläne, angesichts der Gaskrise vorübergehend stärker auf Kohle zu setzen, würden von massiven Transport-Engpässen durchkreuzt, so der BDI.

Der Rhein ist ein wichtiger Schifffahrtsweg für Rohstoffe wie Getreide, Chemikalien, Mineralien, Kohle und Ölprodukte wie Heizöl. Das seit Wochen anhaltende Niedrigwasser beeinträchtigt bereits die Leistung von zwei deutschen Kohlekraftwerken. Der Chemiekonzern BASF hatte erklärt, er könne Produktionskürzungen nicht ausschliessen, wenn das Niedrigwasser die Logistik störe.

Die Probleme am Rhein machen Ökonomen zufolge eine Rezession noch wahrscheinlicher. "Wir erwarten ohnehin, dass die deutsche Wirtschaft ab dem dritten Quartal in eine leichte Rezession fällt und das Wachstum 2022 nur noch 1,2 Prozent betragen sollte", sagte etwa der Deutschland-Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Stefan Schneider. "Falls die Wasserstände weiter sinken, könnte das Wachstum auch knapp unter ein Prozent sinken." Höhere Transportkosten dürften zusätzlichen Aufwärtsdruck bei den Erzeugerpreisen der betroffenen Güter verursachen.

(Reuters)