Trotz der Aussicht auf ein billionenschweres Konjunkturpaket in den USA bleibt die Notenbank Fed voraussichtlich weiter als Krisenhelferin gefordert. Denn die auf Vollbeschäftigung und stabile Preise fixierte Zentralbank sieht sich von ihren Zielen angesichts eines Millionenheers an Arbeitslosen noch weit entfernt.

Wenn alles gut läuft, dürfte im Jahr 2022 wieder Vollbeschäftigung erreicht werden, wie die frühere Fed-Chefin und neue Finanzministerin Janet Yellen jüngst in Aussicht stellte. Die Notenbank muss bis dahin auf der Hut bleiben, denn die Krise birgt sozialen Sprengstoff: Die Kluft zwischen Niedriglöhnern und Gutverdienern hat sich vertieft, wie eine Studie der Fed von New York zeigt.

Auftritt am Mittwochabend

Dies dürfte die US-Währungshüter um Fed-Chef Jerome Powell umso mehr beunruhigen, da sie sich im Zuge eines Strategieschwenks auf die Fahnen geschrieben haben, die Belange sozial Schwacher in ihrer Geldpolitik stärker in den Fokus zu rücken. Kritiker hatten ihr immer wieder vorgeworfen, zu stark die Interessen der Hochfinanz und der Wall Street im Blick zu haben.

Mit Spannung wurde an den Märkten ein Auftritt Powells am Mittwochabend erwartet, in dem er sich beim Economic Club of New York der Lage am US-Arbeitsmarkt widmet. In der Krise gingen in den USA mehr als 22 Millionen Jobs verloren, von denen bislang erst rund die Hälfte zurückgewonnen wurde.

Minderheiten überproportional arbeitslos

Das Forschungspapier des New Yorker Fed-Ablegers zeigt, wie ungleich die Jobmisere die Gesellschaft trifft: Insbesondere Minderheiten wie etwa Schwarze sind überproportional von Arbeitslosigkeit betroffen. Zugleich ist die Erwerbsituation für Gutverdiener bereits besser als vor Ausbruch der Pandemie, während Niedrigverdiener das Vor-Corona-Niveau noch nicht annähernd erreicht haben. Die Diskrepanz ist unter anderem dadurch zu erklären, dass die Krise den Freizeitsektor und das Gastgewerbe hart getroffen hat - Bereiche also, in denen viele Niedriglöhner beschäftigt sind.

Das von US-Präsident Joe Biden aufgelegte 1,9 Billionen Dollar schwere Konjunkturpaket zielt auch darauf ab, mit Direkthilfen an Bürger soziale Härten zu vermeiden. Doch die schiere Grösse des Pakets hat Folgewirkungen, die die Fed im Auge behalten muss - zumal sie selbst weiter geldpolitisch auf dem Gaspedal steht: Monatlich kauft sie Wertpapiere für 120 Milliarden Dollar auf und sorgt damit für einen erheblichen Konjunkturimpuls.

Geballte Geldflut

Angesichts dieser geballten Geldflut zogen zuletzt auch die Inflationserwartungen an den Märkten an: Mit einem Durchschnittswert einer Teuerung von rund 2,2 Prozent für das kommende Jahrzehnt sind sie jüngst auf den höchsten Stand seit etwa zweieinhalb Jahren geklettert.

Dahinter steht die Annahme, dass die Preise nach Abebben der Krise in der zweiten Jahreshälfte anziehen und sich die Amerikaner mit dem in der Pandemie angesparten Geld in einen Konsumrausch stürzen könnten: "Erstmals seit Jahren weisen so viele Faktoren auf mehr Inflation hin", so die Einschätzung von Guy LeBas vom Finanzhaus Janney Montgomery Scott.

Dies dürfte die Fed nicht kaltlassen, auch wenn die Inflation zuletzt mit einem Anstieg auf 1,5 Prozent noch eher gedämpft ausfiel. Die Notenbank hat allerdings klargemacht, dass sie auch eine über das Ziel von zwei Prozent steigende Inflation eine Zeit lang tolerieren würde. Dahinter steckt die Überlegung, dass in einer solchen Phase des Aufschwungs auch Nachzüglern am Arbeitsmarkt ein Wiedereinstieg ins Erwerbsleben ermöglicht werden soll.

Lage bleibt angespannt

Die Zentralbank hat signalisiert, dass sie ihre Wertpapierkäufe erst dann zurückfahren wird, wenn sich die Bedingungen am Jobmarkt und die Inflation durchgreifend verbessern. Doch mit einer Arbeitslosenquote von zuletzt 6,3 Prozent und einem mageren Stellenaufbau von nur 49'000 im Januar bleibt die Lage angespannt: "Der Beschäftigungsmotor stockt", sagt Analyst Bernd Krampen von der NordLB.

Zuletzt hatte der Währungshüter Raphael Bostic eine von ihm angestossene Debatte wieder eingefangen, in der ein zeitiges Zurückfahren der Käufe von Staatsanleihen und Hypothekenpapieren angeregt wurde. Powell dürfte bei seinem Online-Auftritt nun bekräftigen, dass die Fed geldpolitisch Kurs hält - trotz Billionenhilfen der Regierung. 

(Reuters)