Die Öffnungsschritt seien nur Symbolpolitik, kommentiert der "Tages-Anzeiger" die Lockerungen von Corona-Massnahmen ab Montag. Wirklich wichtig sei, dass die Regierung erste Impfprivilegien und Vorteile für testwillige Betriebe einführe. Auch nach den Öffnungen sei nicht alles einfach gut, kämen sie doch in einer Zeit steigender Fallzahlen. Von Normalität sei die Schweiz noch weit entfernt.

Der Bundesrat setze zwar seinen Weg der Öffnungen fort. Etwas Entscheidendes fehle jedoch, nämlich eine Perspektive für die nächsten Monate, die die Impffortschritte ins Zentrum rückten, schreibt die "Neue Zürcher Zeitung" in ihrem Kommentar. Die diversen Öffnungsschritte signalisierten den Bürgerinnen und Bürgern, dass die Schweiz auf dem Weg zurück in die Normalität bleibe.

Als mutig bezeichnet der "Blick" den Öffnungsplan. Aber er dürfe nicht zu Sorglosigkeit führen. Der Bundesrat lockere das Corona-Regime stärker als erwartet. Obwohl vier der fünf Richtwerte, von denen er eine Öffnung einst abhängig gemacht hatte, nicht erfüllt seien. Konsequent sei das nicht. Doch der Bundesrat könne gute Argumente für die Lockerung geltend machen.

Ähnlich tönt es in einer Analyse des Schweizer Radios und Fernsehens (SRF). Die Entscheide des Bundesrates seien mutig, um nicht zu sagen gewagt. Fünf Kriterien für Lockerungen aufzustellen und dann zu lockern, obwohl die Kriterien nicht erfüllt seien, sei ein Vorgehen, das Fragen aufwerfe. Zum Beispiel jene, was für einen Sinn es denn überhaupt ergebe, solche Richtwerte nach Aussen zu kommunizieren.

Der Bundesrat öffne schneller als erwartet. Kritiker sprächen von einer Hochrisikostrategie, schreibt die "Aargauer Zeitung". Gemach, man könne die Entscheide auch anders lesen: Sie seien ein Vertrauensbeweis gegenüber der Bevölkerung. Nur müssten nun alle ihre Verantwortung wahrnehmen: Die Gastronomen und Veranstalter müssten sichere Schutzkonzepte umsetzen, die Kantone verimpfen.

Der Entscheid entspreche weitgehend den Forderungen eines Grossteils der Kantone und der Wirtschaftsverbände, schreibt die "Südostschweiz". Auch das Parlament habe in den vergangenen Tagen wiederholt Druck auf den Bundesrat ausgeübt, den Betrieben und Betroffenen mehr Perspektiven zu bieten. Anders als vor einem Monat sei der Bundesrat nun diesem Ruf gefolgt.

Der Berner "Bund" spricht von einem Lichtblick für die Kinos, Theater und Konzertlokale. Die Kulturbranche habe die Massnahmen zur Pandemie-Bekämpfung bisher ohne grosses Gezeter mitgetragen hat. Der Zeitpunkt sei jedoch für Veranstalter und Kulturschaffende nicht besonders günstig. Der Festivalsommer sei längst abgesagt.

Die Westschweizer Tageszeitungen "24 heures"/"Tribune de Genève" machen auf die Gefahr aufmerksam, die durch die Ausbreitung von Virus-Mutationen drohe. Die Zeit dränge. Es müsse uns gelingen, der Pandemie einen Schritt voraus zu sein. Geduld und Wachsamkeit machten keinen Spass. Aber die Chance zu verpassen, die sich nach all den Entbehrungen zu bieten scheine, wäre noch weniger lustig.

Die Neuenburger Mediengruppe "Arc Info" thematisiert das Verhalten von Bundesrat Alain Berset während der Medienkonferenz am Mittwoch nach der Bundesratssitzung. In der Haltung und im Auftreten des Gesundheitsministers sei keine Spur von Genugtuung zu erkennen gewesen, wie sie viele Schweizer wohl empfänden. Er habe sein übliches düsteres Gesicht gezeigt - eher ernst als entspannt.

Die Schweiz bewege sich mit ihren Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus auf einem Mittelweg, schreibt die französischsprachige Freiburger Tageszeitung "La Liberté". Dieser Weg bestehe darin, abzuwarten und auf die Nachbarländer zu schauen, bevor einschneidende Massnahmen ergriffen würden. Berset versuche den Slalom zwischen den weit divergierenden Meinungen.

(AWP)