Nach monatelangem Zögern hat die Bundesregierung sich unterdessen - ebenso wie die USA - erstmals zur Lieferung von Schützenpanzern an die angegriffene Ukraine entschieden. Kiew reagiert dankbar, hofft aber zugleich auf noch mehr Hilfe im Kampf gegen die russische Aggression.

Putin begründet Waffenruhe-Plan mit orthodoxem Weihnachtsfest

In Putins Dekret heisst es: "Unter Berücksichtigung des Aufrufs von Patriarch Kirill beauftrage ich das russische Verteidigungsministerium vom 6. Januar 12.00 Uhr mittags (10.00 Uhr MEZ) bis 7. Januar 24.00 Uhr (22.00 Uhr MEZ) eine Feuerpause entlang der gesamten Linie der bewaffneten Auseinandersetzung in der Ukraine in Kraft zu setzen." Zuvor hatte Kirill, das einflussreiche Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, zu einer Waffenruhe in der Ukraine über Weihnachten aufgerufen. Die orthodoxen Kirchen in Russland und in der Ukraine feiern die Geburt Jesu Christi traditionell nach dem julianischen Kalender am 7. Januar.

Ukraine bezeichnete angekündigte Feuerpause als "Heuchelei"

Die Führung in Kiew bezeichnete die Feuerpause als "Heuchelei". Der Berater im ukrainischen Präsidentenbüro, Mychajlo Podoljak, schrieb auf Twitter: "Russland muss die besetzten Gebiete verlassen - nur dann wird es eine "zeitweilige Waffenruhe" geben." Im Gegensatz zum russischen Gegner greife die Ukraine kein fremdes Territorium an und töte keine Zivilisten. Beobachter in Kiew gingen davon aus, dass die Feuerpause den Ukrainerinnen und Ukrainern zwar möglicherweise Angriffe mit Raketen und Drohnen über die Weihnachtstage ersparen könnte. An den Fronten im Osten und Süden des angegriffenen Landes hingegen werde sich die Lage hingegen wohl kaum verändern.

Auch EU-Ratschef Charles Michel warf Russland heuchlerisches Verhalten vor. "Ein Rückzug der russischen Truppen ist die einzige ernsthafte Option, um Frieden und Sicherheit wiederherzustellen, schrieb er auf Twitter.

Besatzungschef: Werden ukrainische Angriffe trotz Waffenruhe erwidern

Ein Besatzungschef erklärte darüber hinaus bereits, russische Truppen würden ungeachtet von Putins Befehl auch weiterhin ukrainische Angriffe erwidern. "Die Entscheidung betrifft die Einstellung des initiativen Feuers und der Angriffshandlungen von unserer Seite", schrieb der von Moskau im ostukrainischen Gebiet Donezk eingesetzte Denis Puschilin im Nachrichtendienst Telegram.

Puschilin fügte hinzu: "Das bedeutet nicht, dass wir nicht auf Provokationen des Gegners antworten werden! Oder dem Feind auch nur irgendeine Chance geben werden, während dieser Feiertagsstunden seine Positionen an der Frontlinie zu verbessern."

Deutschland liefert Marder-Panzer und Patriot-System an Ukraine

Deutschland und die USA liefern der Ukraine nun erstmals Schützenpanzer für den Kampf gegen die russischen Angreifer. Die Bundesregierung stellt der Ukraine zudem ein Patriot-Flugabwehrsystem zur Verfügung. Das vereinbarten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und US-Präsident Joe Biden in einem Telefonat, wie es anschliessend in einer gemeinsamen Erklärung hiess.

Deutschland will den ukrainischen Streitkräften mehrere Dutzend Exemplare des Schützenpanzers Marder liefern, der vor mehr als 50 Jahren für die Bundeswehr entwickelt wurde. Die USA schicken Panzer vom Typ Bradley. Beide Länder werden auch ukrainische Streitkräfte an den Panzern ausbilden.

Selenskyj dankt für neue Militärhilfe

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dankte Scholz und Biden für die angekündigten Waffenlieferungen. "Wir werden noch ein Patriot-System und mächtige Panzertechnik bekommen, das ist wirklich ein grosser Sieg für unseren Staat", sagte Selenskyj in seiner Videoansprache in der Nacht zum Freitag. Zugleich erklärte er, im ständigen Austausch mit ausländischen Staats- und Regierungschefs zu sein, um weitere Militärhilfen zu erhalten.

Russlands Botschafter wirft USA Verlängerung des Ukraine-Kriegs vor

Moskaus Botschafter in Washington warf den USA nach der Ankündigung, Schützenpanzer an die Ukraine zu liefern, mangelnden Willen zur Beilegung des Kriegs vor. Alle jüngsten US-Aktionen zeigten direkt, dass Washington keinen Wunsch für eine politische Lösung in der Ukraine habe, sagte der russische Botschafter Anatoli Antonow laut russischer Staatsagentur Tass am Donnerstag in Washington. "Es sollte kein Zweifel daran bestehen, wer für die Verlängerung des jüngsten Konflikts verantwortlich ist." Die Entscheidung der US-Regierung bestätige, "dass die Vereinigten Staaten nicht auf die wiederholten Forderungen der russischen Seite gehört hätten, die mögliche Auswirkung eines solch gefährlichen Kurses Washingtons in Betracht zu ziehen"./haw/DP/mis

(AWP)