Seit Anfang Jahr steht Heinz Huber (54) an der Spitze von Raiffeisen. Er soll nach der Ära Vincenz wieder Ruhe in die Bank bringen. Der Zinsentscheid der Nationalbank macht seine Aufgabe etwas leichter, denn aufgebrachte Kunden, die wegen Strafzinsen ihr Geld abziehen, bleiben ihm jetzt erspart. Der Negativzins bleibt vorerst bei -0,75 Prozent, während der Freibetrag für Banken angehoben wurde.

Die Nationalbank belässt die Negativzinsen unverändert. Hat Sie das überrascht?

Heinz Huber: Bei Raiffeisen haben wir das so erwartet. Persönlich bin ich froh, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Zinsen nicht noch weiter verschärft hat. 

Wieso?

Das nimmt nun doch einigen Druck von den Banken, die Negativzinsen auf breiter Front weiterzugeben, also auch Kleinsparer mit Negativzinsen zu belasten.

Ist der Tabubruch – Strafzinsen für Kleinsparer – nun vom Tisch?

Wir werden sicher nicht zu den ersten Banken in der Schweiz gehören, die ihre Kunden mit Negativzinsen belegen. Das werden wir so lange wie irgendwie möglich vermeiden. 

Denkbar aber ist es schon?

Völlig ausschliessen können wir das natürlich nicht. Wir beobachten die Märkte und schauen, was andere Marktteilnehmer tun. Aber wir werden sicher keine Vorreiter sein.

Aber Sie erhöhen die Gebühren, holen die Strafzinsen über die Hintertüre rein?

Nein! Wir planen keine Änderungen bei den Gebühren. Wir versuchen das Zinsdifferenzgeschäft mit dem Anlagegeschäft zu verknüpfen – also die Kunden zu ermuntern, ihr Geld nicht nur aufs Sparkonto zu legen, sondern es zu investieren.

Die SNB erhöht den Freibetrag. Das heisst, die Banken können mehr Geld bei der SNB parken, ohne Strafzinsen zu bezahlen. Entschärft das die Situation auch für vermögende Kunden?

Bei Raiffeisen haben wir die Devise: Keine Negativzinsen für Privatkunden. Diese Empfehlung geben wir an die Raiffeisenbanken weiter. Aber die einzelnen Banken haben einen gewissen Handlungsspielraum. Für Firmenkunden empfiehlt Raiffeisen Schweiz seit 2016, Negativzinsen auf individueller Basis zu verrechnen – dies aber immer im Hinblick auf die Gesamtkundenbeziehung.

In den letzten Tagen gab es viel Druck auf die Nationalbank. Wie unabhängig konnte die SNB entscheiden?

Die Nationalbank hat sich sicher alle Meinungen angehört, doch im Endeffekt hat sie unabhängig entschieden – das ist ihre Aufgabe.

Unabhängig davon, ob Negativzinsen Sparern und Pensionskassen schaden?

Im Gegenteil! Dieser Entscheid zeigt, dass die Schweizer Währungshüter sich ihrer volkswirtschaftlichen Verantwortung bewusst sind, die Auswirkungen der Negativzinsen ernst nehmen.

Werden nun Negativzinsen zur Normalität?

Erst wurde immer wieder darüber spekuliert, wann die Zinswende kommt. Diese ist in weite Ferne gerückt. Wir müssen uns längerfristig auf sehr tiefe bis negative Zinsen einstellen.

Dieses Interview erschien zuerst im «Blick» unter dem Titel «Keine Strafzinsen für Privatkunden».