Rund zehneinhalb Monate nach dem russischen Angriff auf die Ukraine sind die Kämpfe im Gebiet Donezk derzeit besonders heftig. Die Städte Soledar und Bachmut sind dabei von strategischer Bedeutung: Sie sind Teil des ukrainischen Verteidigungswalls vor dem Ballungsraum zwischen Slowjansk und Kramatorsk. Die Einnahme des Gebiets wäre aus russischer Sicht ein bedeutender Schritt hin zur Eroberung des gesamten Donbass - eines der Kriegsziele des Kremls.

Neben regulären russischen Truppen kämpfen bei Soledar auch verschiedene Söldner-Einheiten, darunter auch die berüchtigte Wagnergruppe. "Die Zahl der Kriegsgefangenen wird morgen mitgeteilt", wurde Prigoschin auf einem der Wagner-Kanäle auf Telegram zitiert. Dort hiess es zudem, den eingekesselten ukrainischen Soldaten sei ein Ultimatum zur Kapitulation bis Mitternacht gestellt worden. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden.

Von ukrainischer Seite gab es dazu keinen Kommentar. Kurz zuvor hatte Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner täglichen Videobotschaft die Verteidiger von Soledar für ihren Mut und ihre Standhaftigkeit gelobt. "Danke, Krieger!", sagte Selenskyj.

Am frühen Abend hatte die ukrainische Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar von heftigen Sturmangriffen russischer Truppen berichtet. "Die schweren Kämpfe zur Verteidigung von Soledar dauern an", teilte sie auf Telegram mit. "Ohne Rücksicht auf seine Verluste greift der Feind weiterhin an." Das Vorfeld der ukrainischen Verteidigungslinien sei "mit Leichen der Angreifer übersät".

Noch über 500 Zivilisten in Soledar

In Soledar halten sich aktuell noch über 500 Zivilisten auf, wie der ukrainische Militärverwalter der Region Donezk, Pawlo Kirilenko, am Dienstagabend mitteilte. "Einige von ihnen würden die Stadt gerne sofort verlassen, das ist wegen der intensiven Kampfhandlungen zur Zeit nicht möglich", sagte er im Fernsehen. "Solange es keinen sicheren Weg aus der Stadt gibt, gibt es keine Evakuierung."

Selenskyj bürgert prorussische Parlamentsabgeordnete aus

Der ukrainische Präsident Selenskyj bürgerte vier prorussische Parlamentsabgeordnete aus. "Wenn Volksvertreter beschliessen, nicht dem ukrainischen Volk zu dienen, sondern den Mördern, die in die Ukraine gekommen sind, dann werden unsere Schritte angemessen sein", sagte der 44-Jährige am Dienstag in seiner täglichen Videoansprache. Die Ausbürgerung sei gemäss der Verfassung auf Basis von Informationen des Geheimdienstes SBU und des Migrationsdienstes getroffen worden, sagte Selenskyj. "Unsere Dienste funktionieren."

Der ukrainische Pass wurde dabei dem Abgeordneten Viktor Medwetschuk entzogen, der im September im Rahmen eines Gefangenenaustausches nach Russland gelangte. Die anderen drei Betroffenen werden ebenfalls im Nachbarstaat vermutet. Alle vier vertraten die nach dem russischen Einmarsch vom Februar 2022 verbotene Partei "Oppositionsplattform - Für das Leben". Bei allen vier Parlamentsabgeordneten wird eine vorhandene russische Staatsbürgerschaft vermutet. Ausbürgerungen von politisch unliebsamen Personen waren unter Selenskyjs Vorgänger Petro Poroschenko und in der Sowjetunion ein gängiges Mittel.

Pentagon: Ausbildung von Ukrainern an US-Panzern in Grafenwöhr

Die Ausbildung ukrainischer Soldaten an den von den USA angekündigten Bradley-Schützenpanzern soll auf dem Truppenübungsplatz im bayerischen Grafenwöhr erfolgen. Das bestätigte Pentagon-Sprecher Pat Ryder am Dienstag. Die USA hatten vergangene Woche angekündigt, im Zuge der jüngsten Waffenlieferungen an die Ukraine auch 50 Bradleys bereitstellen zu wollen. Die Panzer sollen in den kommenden Wochen in der Ukraine ankommen, sagte Ryder. Zuvor hatte das Pentagon bereits mitgeteilt, dass rund 100 ukrainische Soldaten ab kommender Woche auf einer Militärbasis in Oklahoma am Patriot-Flugabwehrsystem ausgebildet werden sollen.

Ukraine bereitet sich auf möglichen neuen Angriff auf Kiew vor

Das ukrainische Militär bereitet sich auf einen neuen Angriff russischer Bodentruppen aus Belarus in Richtung der Hauptstadt Kiew vor. Dazu seien bereits Abwehrstellungen im Norden des Landes vorbereitet oder verstärkt worden, teilte am Dienstag der für die Verteidigung Kiews zuständige Generalleutnant Olexij Pawljuk mit. Um schnelle Panzervorstösse russischer Einheiten zu verhindern, seien an allen für Panzer zugänglichen Stellen grössere Minenfelder angelegt worden.

Was am Mittwoch wichtig wird

Möglicherweise äussert sich die ukrainische Militärführung am Mittwoch mit Details zur Lage in Soledar./cha/DP/mis

(AWP)