Retter suchen in Dnipro nach Überlebenden
Mit etwa einer Million Einwohnern ist Dnipro im Südosten der Ukraine die viertgrösste Stadt des Landes. Das Präsidialamt veröffentlichte von dort ein Video, auf dem ein völlig zerstörtes zweistöckiges Gebäude zu sehen ist. Darüber hinaus wurden nach ukrainischen Angaben zehn weitere Häuser beschädigt. Unter den Trümmern suchten Rettungskräfte nach Überlebenden. Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte: "Wieder hat Russland gezeigt, dass es ein Terrorstaat ist." In Moskau wurde abermals Kritik am eigenen Militär laut. Auch gab es Forderungen, den Krieg endlich Krieg zu nennen und nicht mehr nur "militärische Spezialoperation".
Angriffe auf Krim und Grenzregion Belgorod
Nach ukrainischen Angaben feuerte Russland in der Nacht zum Sonntag sechs weitere Marschflugkörper ab. Vier davon seien von der Luftabwehr abgefangen worden. Zwei Raketen hätten einen Flugplatz in der Nähe der zentralukrainischen Stadt Kropywnyzkyj getroffen. Zudem habe man drei von fünf Kampfdrohnen abgefangen, hiess es. Auch die russischen Besatzer der annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim meldeten Drohnenangriffe. Dazu sagte eine ukrainische Militärsprecherin: "Die Krim soll spüren, dass sie zur Ukraine gehört." Die russische Grenzregion Belgorod stand ebenfalls unter Beschuss. Dort gab es nach russischen Angaben am Samstag zwei Tote.
In Kiew am Wochenende verhältnismässig ruhig
Die Ukraine wird Tag für Tag auch weit weg von der Front beschossen. Russische Raketen- und Drohnenangriffe treffen immer wieder auch Wohn- und Bürohäuser, so dass Zivilisten getötet werden. Auch am Wochenende gab es vielerorts wieder Luftalarm. In der Hauptstadt Kiew blieb es nach vorläufigen Angaben verhältnismässig ruhig. Die Angaben der beiden Kriegsparteien zum Kampfgeschehen lassen sich von unabhängiger Seite oft nur schwer oder gar nicht überprüfen.
Selenskyj sieht Ukraine bereit für Gegenoffensive
Die vielfach angekündigte ukrainische Gegenoffensive liess weiter auf sich warten. Selenskyj bekräftigte in der US-Zeitung "Wall Street Journal" (Samstag): "Ich denke, wir sind heute dafür bereit." Die Ukraine hätte dafür gern noch einige Waffen aus dem Westen, könne aber nicht noch Monate warten. Insbesondere forderte er US-Flugabwehrsysteme vom Typ Patriot. In einem anderen Interview bekräftigte Selenskyj, dass er in Verhandlungen mit Moskau derzeit keinen Sinn sehe. Die Ukraine wird vom Westen mit Waffen und Finanzhilfen in Milliardenwert unterstützt. Zeitweilig hatte es in Kiew geheissen, die Gegenoffensive laufe bereits.
Russisches Militär baut Musterungspunkte für Krieg aus
Auch die russische Seite machte deutlich, dass mit einem Kriegsende auf absehbare Zeit nicht zu rechnen ist. Das Verteidigungsministerium richtete weitere Musterungsstellen zur Anwerbung von Freiwilligen ein. Die Zahl solcher Bewerber sei bedeutend gestiegen, hiess es in einer Mitteilung. Nach offiziellen Angaben haben sich in den vergangenen Monaten mehr als 100 000 Freiwillige gemeldet. Allerdings haben sich auch viele jungen Russen einer Einberufung entzogen.
Öffentliche Kritik an Kriegsführung in Russland nimmt zu
Derzeit gibt es auch im öffentlichen Raum zunehmend Kritik, weil Moskaus Truppen keine militärischen Erfolge vorweisen können. Der prominente Parlamentsabgeordnete Konstantin Satulin von der Regierungspartei Geeintes Russland sagte, kein einziges vom Kreml ausgegebenes Ziel sei bislang erreicht worden. Der Chef der Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, sprach von "Chaos" im Verteidigungsministerium. Sollte das Ministerium in Belgorod nicht "schleunigst" Ordnung schaffen, werde er seine Söldner einmarschieren lassen. Prigoschin gilt als Vertrauter von Präsident Wladimir Putin./mau/wag/gma/cs/DP/mis
(AWP)
2 Kommentare
Russland hat sich in den letzten 25 Jahren ökonomisch kaum weiter entwickelt. Von der Ausbeutung der Rohstoffe durch V. Putins treue Oligarchen abgesehen. Das russische Volk hat davon wenig profitiert. Und jetzt werden die Staatseinnahmen vermehrt in die Waffenproduktion fliessen. Ein Armutszeugnis.
Nachdem die Ukrainer im Kampf den Russen ziemlich zugesetzt haben, ist der Kampf ihre beste Option und Waffenlieferungen deren einzige Chance zu überleben.
Die Ukrainer haben durch ihren Widerstand den Russen gezeigt, dass sie nicht erwünscht sind. Um solch ein Gebiet, das von einer feindlich gesinnten Bevölkerung bewohnt wird zu kontrollieren, hat Russland zwei wirkungsvolle Strategien entwickelt. Da werden bestenfalls weite Teile der Bevölkerung nach Sibirien deportiert oder die widerstandsfähigen Männer werden einfach erschossen, so wie in Srebrenica oder Butscha.