In Luhansk hätten nach Auszählung aller Stimmen mehr als 98 Prozent, in Saporischschja mehr als 93 Prozent und in Cherson mehr als 87 Prozent der Wähler für einen Anschluss an Russland gestimmt, erklärten die Besatzungsverwaltungen am Dienstag. Die russische Nachrichtenagentur Tass berichtet, dass in Donezk bei 32 Prozent ausgezählter Stimmzettel fast 94 Prozent mit "Ja" gestimmt hätten.

"Die Ergebnisse sind eindeutig. Willkommen zu Hause, in Russland", schrieb Dmitri Medwedew, stellvertretender Vorsitzender des russischen Sicherheitsrats und ein Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin, auf Telegram. Der Vorsitzende des Oberhauses des russischen Parlaments erklärte, dass die Kammer am 4. Oktober über die Eingliederung der Regionen beraten könnte. Die vier Regionen, in denen die als Scheinabstimmungen kritisierten Referenden stattfanden, machen insgesamt etwa 15 Prozent des ukrainischen Territoriums aus.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verurteilte die Referenden in den russisch besetzten Gebieten. Diese seien eine "Farce" und könnten niemals als legitime Abstimmungen bezeichnet werden, sagt Selenskyj in seiner nächtlichen Videobotschaft. Die Ukraine werde ihre Bevölkerung in den vier russisch besetzten Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja verteidigen. Nach Ansicht der Ukraine und des Westens waren die Referenden eine unrechtmässige Zwangsmassnahme, um Russland einen legalen Vorwand für die Annexion der vier Regionen zu verschaffen.

Die Vereinigten Staaten kündigten an, eine Resolution in den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen einzubringen, in der die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, keine Veränderungen in der Ukraine anzuerkennen und Russland zum Rückzug seiner Truppen zu verpflichten, sagte die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Linda Thomas-Greenfield. "Russlands Scheinreferendum wird, wenn es akzeptiert wird, eine Büchse der Pandora öffnen, die wir nicht schließen können", sagte sie auf einer Ratssitzung. Der russische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Vassily Nebenzia, erklärte, dass die Referenden transparent und unter Einhaltung der Wahlnormen durchgeführt worden seien. "Dieser Weg wird sich fortsetzen, wenn Kiew seine Fehler und strategischen Irrtümer nicht einsieht und nicht anfängt, sich von den Interessen seines eigenen Volkes leiten zu lassen und nicht blindlings den Willen derer zu befolgen, die sie ausspielen", sagte er.

Erwartet wird, dass Russlands Präsident Wladimir Putin schon am Freitag Teile der Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja zu russischem Staatsgebiet erklären könnte. Dann wäre die ukrainische Offensive zur weiteren Rückeroberung ihrer Gebiete in Augen Moskaus ein Angriff auf Russland. Vergangene Woche erklärte Putin, er sei bereit, Atomwaffen einzusetzen, um die "territoriale Integrität" Russlands zu verteidigen. Auch Medwedew sprach am Dienstag eine neue nukleare Drohung an die Ukraine und den Westen aus. Der ukrainische Präsidialamtsberater Mychailo Podolyak sagte, die Regierung in Kiew werde sich weder durch nukleare Drohungen noch durch die Abstimmung über die Annexion beirren lassen und die Rückeroberung aller von den russischen Streitkräften besetzten Gebiete weiterverfolgen. 

(Reuters)