Der politische Wille sei da, ein Abkommen abzuschiessen. Dies sei auch im Interesse der Schweiz, betonte Balzaretti vor dem Parlamentsausschuss. "Nur, damit das möglich wird, müssen auch die technischen Dinge stimmen - und das ist im Moment noch nicht der Fall."

Der Schweizer Chefunterhändler gab sich jedoch zuversichtlich: "Wir können immer noch eine gute Lösung finden." Zudem sei es ganz normal, dass gegen Ende der Verhandlungen diese schwieriger würden.

Balzarettis Gegenspieler in der EU, der stellvertretende Generalsekretär im Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD), Christian Leffler, gab sich ebenfalls optimistisch: "Wir sind nahe dran." Nach ein paar weiteren Treffen könnte ein Schlussentwurf des Abkommens vorliegen. Denn auch die EU sei daran interessiert, den bilateralen Weg mit der Schweiz weiter zu gehen - "im gegenseitigem Interesse".

Er mahnte jedoch an, sich zu beeilen, da die EU im kommenden Jahr mit anderen Dingen beschäftigt sein werde. Damit dürfte er auf die Europawahlen im kommenden Frühling anspielen. Zudem wird die EU am 2019 voraussichtlich mit dem Vereinigten Königreich über ein künftiges Abkommen verhandeln, was viele Ressourcen binden dürfte.

Zankapfel Arbeitnehmerschutz

Details zu den Verhandlungen nannte Balzaretti zwar keine, er räumte jedoch ein, dass es bei den staatlichen Beihilfen und der Personenfreizügigkeit - in erster Linie bei den flankierenden Massnahmen (FlaM)- noch Unstimmigkeiten gibt.

In der Schweiz hatte sich der Ton bei den flankierenden Massnahmen in den vergangenen Wochen verschärft. Denn die Gewerkschaften befürchten, der Bund wolle die flankierenden Massnahmen zum Schutze der Arbeitnehmenden im Rahmen der Verhandlungen mit der EU aufweichen und haben deshalb protestiert. Balzaretti machte deutlich, dass die Schweiz nicht bereit sei, das Schutzniveau für Arbeitnehmende zu senken.

Dies nutze ja insbesondere auch den Arbeitnehmenden aus der EU, damit sie nicht Opfer von Sozial- und Lohndumping in der Schweiz würden, sagte er. Es dürfte kaum im Interesse Brüssels sein, "dass französische oder deutsche oder belgische Arbeitnehmer in der Schweiz nicht korrekt bezahlt werden".

Leffler hingegen kritisiert die flankierenden Massnahmen erneut. Die EU könne diese so nicht akzeptieren, sagte er und nannte sie "unverhältnismässig". Umgehend warb Leffler für die Übernahme der vor kurzem verschärften EU-Entsende-Richtlinie durch die Schweiz, die wie die flankierenden Massnahmen die Arbeitnehmenden schützen soll.

Der Schweizer Chefunterhändler räumte zwar auf die Frage eines EU-Parlamentariers ein, dass sich die verschärfte Entsende-Richtlinie den flankierenden Massnahmen "tatsächlich angenähert hat", doch reiche dies noch nicht.

Balzaretti bestätigt 15. Oktober nicht

Zum Datum 15. Oktober, bis dahin die EU-Kommission dem Vernehmen nach die Verhandlungen mit der Schweiz abgeschlossen haben will, sagte der Schweizer Chefunterhändler lediglich, ihm habe die EU-Kommission dieses Datum nicht genannt. Es gehe schliesslich nicht darum, so schnell als möglich sondern korrekt zu verhandeln - ob es dann der 15. Oktober, der 30. Oktober oder Ende November sein werde.

Seitens Balzaretti gab es aber auch Kritik an die Adresse der EU-Kommission, welche die Gleichwertigkeitsanerkennen für die Schweizer Börse, die so genannte Börsenäquivalenz, auf ein Jahr zu beschränkt hatte, was in der Schweiz "Erstaunen und Irritation" ausgelöst hatte. "Dies hat nicht zu einer angenehmen Arbeitsatmosphäre beigetragen."

Auf Fragen der EU-Abgeordneten zu Geldwäscherei, Steuerhinterziehung, Schutz von Whistleblower und Waffengeschäften konnten und wollten weder Leffler noch Balzaretti antworten, da diese Themen nicht Gegenstand des Rahmenabkommens sind.

(AWP)