Die Initiative "Keine Massentierhaltung in der Schweiz" verlangt, dass die Würde des Tieres in der landwirtschaftlichen Tierhaltung in die Verfassung aufgenommen wird. Konkret soll der Bund nach einem Ja beispielsweise Kriterien festlegen für eine tierfreundliche Haltung und Pflege.

Orientieren soll sich die Umsetzung an den Bio-Standards. Und nur diesem Standard entsprechende Tiere und tierische Produkte - etwa Nahrungsmittel - sollen noch in die Schweiz eingeführt werden dürfen.

"Grosse Fortschritte gemacht"

Bundesrat und Parlament empfehlen ein Nein zur Initiative. "Wir haben eine gute Gesetzgebung", sagte der zuständige Innenminister Alain Berset am Dienstag in Bern vor den Medien. Die Schweizer Tierschutzgesetzgebung gehöre zu den weltweit strengsten. Gewisse Haltungsformen seien bereits heute verboten.

"Wir haben in den vergangenen 25 Jahren grosse Fortschritte gemacht", fügte Berset an. Das gelte heute unabhängig davon, wie viele Tiere an einem Ort gehalten würden. Viele Nutztiere würden zudem bereits heute besonders tierfreundlich gehalten.

Hans Wyss, Direktor des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV), ergänzte, dass die Gesetzgebung bei Verstössen Sanktionen bis zum Tierhaltungsverbot erlaube. Sei das Tierwohl betreffend eine Anpassung nötig, werde das Gesetz angepasst. Dieses regle - unabhängig von der Betriebsgrösse - den Platz pro Tier, die Fütterung und Haltung oder auch Lichtverhältnisse im Stall.

"Produkte könnten aus Regal verschwinden"

Dem Bundesrat geht auch die Forderung der Initiative zu weit, die Tierhaltung auf Bio-Standards auszurichten und Importe von Tieren und Produkten mit tierischen Bestandteilen auf den Bio-Standard zu begrenzen. "Das hätte grosse Konsequenzen", warnte Berset.

Er nannte dabei höhere Preise, die namentlich Konsumentinnen und Konsumenten mit tiefen Einkommen treffen würden. Auch die Auswahl und die Wahlfreiheit würden beschränkt: "Gewisse Produkte könnten aus dem Regal verschwinden", sagte Berset.

Dürften nur noch Tierprodukte gemäss dem Bio-Standard importiert werden, wäre dies zudem mit sehr viel Kontrollaufwand verbunden und internationale Handelsabkommen würden verletzt, etwa mit der EU. Auf dem Spiel stünde dann auch der Zugang für Schweizer Unternehmen zu internationalen Märkten.

Mehrkosten für Bauern

Von den Importbeschränkungen betroffen wären Fleisch und Milch, aber auch andere Lebensmittel mit Zutaten tierischer Herkunft. Als Beispiele nennt das BLV Eier-Teigwaren, Backwaren und Schokolade. Über vierzig Prozent des Geflügelfleisches und der Eier kämen heute aus dem Ausland, schreibt es dazu.

Der Bund warnt auch vor den Folgen der Initiative für die Bauern. Rund 3300 Betriebe müssten ihren Tierbestand reduzieren oder aber die Betriebsflächen vergrössern. Auch würde die Tierhaltung für die Bauern teurer. Berechnungen im Auftrag des Bundes gehen von jährlichen Mehrkosten von 0,4 bis 1,1 Milliarden Franken aus.

Würde die Initiative angenommen, müssten gesetzliche Bestimmungen angepasst werden. Diese müssten drei Jahre nach dem Ja in Kraft treten. Die Bauernbetriebe, die sich an die neuen Auflagen anpassen müssen, sollen 25 Jahre Zeit für die Umstellung erhalten.

jb/

(AWP)