Verschiedene Versuche der Politik, das Vorsorgesystem der Schweiz zu revidieren, sind in den letzten Jahren gescheitert. Etwa die "Altersvorsorge 2020", die im September 2017 vom Volk abgelehnt wurde.
Nun hat aber ein Umdenken stattgefunden: Statt wie bisher ein umfassenden Gesamtpaket vorzuschlagen, sollen nun die 1. und 2. Säule einzeln reformiert werden.
Mit ersten Erfolgen, zumindest bei der 1. Säule: Im Mai wurde die AHV-Steuervorlage angenommen, zudem ist die Reformvorlage AHV 21 auf einem gutem Weg. Diese sieht etwa Rentenalter 65 für Frauen sowie eine Erhöhung der Mehrwertsteuer ab 2022 vor.
Weniger schnell ging es bisher mit der Reformation der 2. Säule voran. Doch auch hier kommt langsam Bewegung in die Sache: Im Juli haben sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf Eckwerte der Pensionskassen-Reform ("BVG-Reform 2022") geeinigt. Der Bundesrat entscheidet nun, ob er diese Kompromisslösung dem Parlament vorlegen will. Letztendlich dürfte dann die finale Vorlage zur Abstimmung vor das Volk kommen.
Hier die wichtigsten Punkte der BVG-Reform 2022:
Senkung des Umwandlungssatzes von 6,8 auf 6 Prozent
Dies betrifft Altersbeiträge aus dem obligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge (BVG), also Löhne bis maximal 85’320 Franken. Eine solche Senkung ist an der Urne bereits zweimal gescheitert. Mit dem Vorschlag gingen rund 12 Prozent der Rente verloren.
Ein Beispiel: Bei einem angesparten Altersguthaben von 300'000 Franken beim Pensionsierungszeitpunkt würde sich durch den tieferen Umwandlungssatz die jährliche Rente von 20'400 auf 18’000 Franken reduzieren.
Halbierung des Koordinationsabzugs
Der Koordinationsabzug bestimmt den versicherten Lohn und beträgt aktuell 24'885. Dieser soll nun auf 12'443 Franken halbiert werden. Das würde für höhere Beiträge in die Pensionskasse sorgen. Schlussendlich kommt diese Massnahme vor allem Teilzeitbeschäftigten – was häufig Frauen sind - und Arbeitnehmern mit tiefem Einkommen zugute, die so später einmal mehr Rente erhalten werden.
Ein Beispiel: Wer 80'000 Franken verdient, hat abzüglich dem Koordinationsabzug einen versicherten Lohn von 55'115 Franken, worauf er Beiträge für die Vorsorge leistet. Neu würde der versicherte Lohn höhere 67'557 Franken betragen. Dadurch zahlt die Person mehr in die zweite Säule ein, was das Altersguthaben und schlussendlich die Rente erhöht.
Ältere Arbeitnehmer zahlen weniger, jüngere mehr Beiträge
Die Altersgutschriften sollen angepasst werden. Neu bezahlen ältere Arbeitnehmende ab Alter 45 weniger Lohnbeiträge (14 Prozent des Lohnes) als bisher. Umgekehrt muss die jüngere Generation von Alter 25 bis 34 etwas mehr einzahlen (9 Prozent des Lohnes). Das könnte die Chancen älterer Arbeitnehmer am Arbeitsmarkt etwas verbessern, da deren Arbeitgeber für sie bisher höhere Lohnbeiträge leisten mussten.
Konkret ändern sich die zu leistenden Beiträge wie folgt:
Übersicht Sparbeiträge vom BVG-pflichtigen Lohn
Alter | bisher | neu |
25 bis 34 Jahre | 7% | 9% |
35 bis 44 Jahre | 10% | 9% |
45 bis 54 Jahre | 15% | 14% |
55 bis 64/65 Jahre | 18% | 14% |
Solidarischer Rentenzuschlag
Rentnern soll künftig eine fixe Zusatzrente ausbezahlt werden. Dieser Zuschlag soll über zusätzliche 0,5 Lohnprozent auf AHV-pflichtige Jahreseinkommen bis 853'200 Franken finanziert werden. Ziel ist es, das Rentenniveau der Übergangsgeneration zu halten und die Renten für tiefere Einkommen und Teilzeitbeschäftigte sofort zu verbessern. Vorgesehen ist eine Übergangsgeneration (nächste 15 Jahre), die einen garantierten Zuschlag erhält. Danach soll der Bundesrat jährlich die Höhe des Rentenzuschlages abhängig von den vorhandenen Mitteln festlegen.
Gerade der letzte Punkt ist äusserst umstritten, da damit Beiträge im Umlageverfahren verteilt würden. In der beruflichen Vorsorge wäre das ein Novum, denn diese Form der Finanzierung wurde bisher nur in der ersten Säule angewendet.