Warum bekämpfen sich Washington und Peking?

Seit Jahren importieren die USA weit mehr aus China als sie dorthin exportieren. Neben dem steigenden Handelsdefizit beklagen die Amerikaner einen systematischen Diebstahl geistigen Eigentums und von Geschäftsgeheimnissen. US-Präsident Donald Trump fordert eine fundamentale Änderung des chinesischen Wirtschaftsmodells, um US-Firmen gleiche Wettbewerbsbedingungen zu ermöglichen. Washington prangert beispielsweise an, das US-Unternehmen dazu gezwungen sind, ihre Technologien an chinesische Partner zu übertragen. Gefordert wird der vollständige Schutz amerikanischer Rechte an geistigem Eigentum.

Was steht in den Gesprächen auf dem Spiel?

Nicht mehr und nicht weniger als die Dominanz in zukunftsträchtigen Branchen der Hochtechnologie. China will seine industrielle Basis in zehn strategischen Bereichen bis 2025 stärken - darunter in der Luft- und Raumfahrt, Robotik, Halbleiterindustrie, künstliche Intelligenz und Fahrzeuge mit neuen Energien. US-Regierungsvertreter betonen, dass dies nicht mit gestohlenem oder zu Unrecht erworbenem amerikanischen Know-how geschehen darf. Sie argumentieren, dass Chinas massive Unterstützung für staatseigene Unternehmen zu einer Überproduktion führe. Diese mache es für US-Unternehmen schwierig, auf marktgesteuerter Basis zu konkurrieren.

Wie sieht Peking diese Beschwerden?

Dort wird das Vorgehen der USA als breit angelegter Versuch gewertet, den Aufstieg der Volksrepublik zur wirtschaftlichen Weltmacht zu verhindern. Peking bestreitet, Technologietransfers zu verlangen oder zu erzwingen. Vielmehr handele es sich um normale Geschäfte zwischen amerikanischen und chinesischen Firmen. Zugleich will China mit Trump einen Deal abschliessen, um die US-Zölle auf chinesische Waren zu senken. Auch soll das Handelsungleichgewicht zwischen den beiden weltgrössten Volkswirtschaften durch verstärkte Käufe von US-Gütern - von Sojabohnen bis Energie - verringert werden. Peking hat auch einige Schritte unternommen, um das Land für mehr Importe zu öffnen. So wurden Zölle auf importierte Autos gesenkt und ausländischen Unternehmen in einigen Branchen erlaubt, die Mehrheit ihrer Geschäfte in China zu besitzen.

Welche Massnahmen haben die Vereinigten Staaten getroffen?

Trump hat bisher Strafzölle auf chinesische Importe in Höhe von 250 Milliarden Dollar verhängt - 25 Prozent auf Maschinen, Halbleiter und andere technologiebezogene Produkte im Wert von 50 Milliarden Dollar und zehn Prozent auf ein breiteres Warenangebot in Höhe von 200 Milliarden Dollar. Letzteres umfasst unter anderem bestimmte Chemikalien, Baustoffe, Möbel und Unterhaltungselektronik. Bislang hat Trump viele Konsumgüter wie Handys, Computer, Kleidung und Schuhe von Strafzöllen verschont. Wenn bis 2. März keine Einigung erzielt wird, droht Trump damit, Waren im Wert von rund 267 Milliarden US-Dollar mit neuen Zöllen zu belegen. Das entspricht praktisch dem Rest der Einfuhren aus China.

Wie hat China reagiert?

Peking hat auf US-Güter im Wert von 50 Milliarden Dollar Zölle von 25 Prozent eingeführt. Betroffen davon sind etwa Autos, Sojabohnen, Rindfleisch, Schweinefleisch, Meeresfrüchte, Whisky und Ethanol. Ausserdem hat Peking auf weitere Waren im Wert von 60 Milliarden Dollar neue Zölle von fünf bis zehn Prozent eingeführt, darunter Flüssiggas, Chemikalien, Tiefkühlgemüse und Lebensmittelzutaten. Peking zögert zudem mit der Einfuhr von US-Flugzeugen, wovon vor allem Boeing betroffen ist. Seit Trump und der chinesische Präsident Xi Jinping im Dezember übereinkamen, die Handelsgespräche fortzusetzen, hat China die Zölle für in den USA hergestellte Autos ausgesetzt und einige Käufe von US-Sojabohnen wieder aufgenommen.

Was ist bislang in den Gesprächen passiert?

Die USA lehnten erste Angebote Chinas im Frühjahr 2018 ab. Sie sahen den zusätzlichen Kauf von US-Gütern vor. Am Rande des G20-Gipfels im Dezember in Buenos Aires einigten sich Trump und Xi darauf, über strukturelle Fragen zu verhandeln - darunter "erzwungenen Technologietransfer, Schutz des geistigen Eigentums, nichttarifäre Hemmnisse, Eindringlinge in den Cyber-Bereich und Cyber-Diebstahl, Dienstleistungen und Landwirtschaft", erklärte das Weisse Haus. Bei einer Runde von Gesprächen zwischen Beamten der mittleren Ebene Anfang Januar in Peking wurden in diesen Fragen jedoch nur geringe Fortschritte erzielt. Stattdessen boten chinesische Regierungsvertreter an, die Einkäufe von US-Produkten erheblich zu erhöhen, um das Handelsdefizit der USA zu drücken.

Werden sich die USA mit erhöhten Käufen begnügen?

Trump zeigt sich bislang hinsichtlich eines Deals optimistisch. Eine schwächere chinesische Wirtschaft schaffe für Peking Anreize zu Verhandlungen. Berater des Präsidenten sagen, dass er an seinen Forderungen nach Strukturreformen im Bereich des geistigen Eigentums festhalten werde. Einige Vertreter der Trump-Regierung einschliesslich Handelsminister Wilbur Ross haben versucht, die Erwartungen an die Treffen in dieser Woche zu dämpfen. Beiden Länder lägen noch "Meilen" von der Lösung ihrer Handelsdifferenzen auseinander. Die USA wollen beispielsweise eine regelmässige Überprüfung der Reformzusagen durchsetzen.

Der Vize-Chef der chinesischen Wertpapieraufsicht, Fang Xinghai, hatte vergangene Woche gesagt, Trump werde auf Druck der Finanzmärkte hin einen Handelsdeal mit China eingehen. Schliesslich messe Trump den Erfolg seines Handelns am steigenden und fallenden Kursen im Dow-Jones-Index. In den vergangenen Monaten haben die Aktienmärkte weltweit auch wegen des Handelsstreits unter Druck gestanden.

Was sind mögliche Ergebnisse der Gespräche?

Beide Seiten könnten Fortschritte auf dem Weg zu einem Deal erreichen. Sollten sie sich in Kernthemen nicht annähern, wird eine Einigung bis März schwierig. Die Wirtschaft müsste sich dann auf höhere Zölle einstellen. Ein endgültiges Ergebnis wird nicht vor Ende Februar erwartet. Jede Vereinbarung bedarf zudem der Zustimmung von Trump und Xi. Wenn genügend Fortschritte erzielt werden, könnten beide Seiten auch beschliessen, die Frist zu verlängern und weiter zu verhandeln. So war es auch 2018 bei Gesprächen um ein neues nordamerikanisches Freihandelsabkommen.

(Reuters)