Die von der Zentralbank veröffentlichten Daten weisen zwischen dem 30. und 31. Dezember eine Umstellung des Bewertungskontos in Höhe von etwa 124 Milliarden Lira (8,3 Milliarden Euro) aus. Es schloss das Jahr mit 54 Milliarden Lira ab. Ein weiteres Konto mit der Bezeichnung "sonstige Posten", das die Gewinne der Bank enthält, wurde sogar um rund 130 Milliarden Lira bereinigt. Es enthielt zum Jahresabschluss gut 60 Milliarden Lira.

Die Zentralbank reagierte nicht auf eine Bitte um Stellungnahme zu den Änderungen. Ökonomen und Banker vermuten allerdings, die Änderungen könnten es der Zentralbank ermöglichen, trotz Währungskrise und milliardenschweren Eingriffe am Devisenmarkt für 2021 einen Gewinn auszuweisen. Überschüsse werden normalerweise im April an das Finanzministerium überwiesen, den Hauptaktionär der Zentralbank.

Diese sei noch am 30. Dezember "nicht in der Lage gewesen, Gewinne an das Schatzamt abzuführen", sagte ein anonym bleiben wollender Banker der Nachrichtenagentur Reuters. "Aber am 31. Dezember wurde eine Überweisung von mehr als 100 Milliarden Lira möglich." Das Bewertungskonto enthält nicht realisierte Gewinne und Verluste aus der Neubewertung von Fremdwährungen, Gold und anderen Aktiva und Passiva, die auf Preisänderungen der Lira und des Goldes auf den internationalen Märkten basieren.

Ähnliche Spekulationen wie 2019

Ein starker Rückgang des Kontos im Jahr 2019 gab damals Anlass zu ähnlichen Spekulationen - nämlich dass die Zentralbank Mittel an die Staatskasse überweisen würde, was dann auch geschah. Nach den Worten von Haluk Burumcekci, Gründer des Beratungsunternehmens Burumcekci Consulting, habe es so grosse Veränderungen über Nacht in der Vergangenheit noch nicht gegeben. "Es scheint, dass die Zentralbank mit dieser Operation das Jahr mit einem Gewinn abgeschlossen hat und in die Lage versetzt wurde, die Gewinne im April an das Finanzministerium zu überweisen", schrieb er auf Twitter. "Ich hoffe, dass der Öffentlichkeit in den kommenden Tagen erklärt wird, wie diese grosse Veränderung zustande gekommen ist."

Die Lira hat 2021 gegenüber dem Dollar rund 44 Prozent ihres Wertes eingebüsst. Das ist die mit Abstand schlechteste Wertentwicklung unter den Schwellenländern. Die Währungsschwäche wiederum hat die türkische Inflationsrate im Dezember auf 36 Prozent getrieben, den höchsten Wert unter der Führung von Präsident Recep Tayyip Erdogan. 

(Reuters)