Der Ständerat hiess am Dienstag einen Vorschlag seiner Kommission für Gesundheit und soziale Sicherheit (SGK-S) gut, mit 26 zu 16 Stimmen bei einer Enthaltung. Das Geschäft geht an den Nationalrat.
Noch in der Wintersession hatte es der Ständerat abgelehnt, auf das Geschäft einzutreten. Auch am Dienstag beantragte eine Minderheit der vorberatenden Kommission Nichteintreten. Ein entsprechender Antrag scheiterte jedoch mit 24 zu 16 Stimmen bei 2 Enthaltungen.
Vor allem die Mitte-Partei schwenkte um: Nur zwei von 14 Mitgliedern der Partei im Ständerat votierten für Nichteintreten - gemeinsam mit den Vertretern der SVP. Die FDP war in der Sache gespalten.
Tiefere Schwelle
Die von der SGK-S erarbeitete Vorlage sieht vor, dass die Kantone neu einen Mindestbetrag von 3,5 bis 7,5 Prozent der Kosten der obligatorischen Grundversicherung für die Prämienverbilligung aufwenden müssen. Der Bundesrat will die Schwelle bei 5 bis 7,5 Prozent setzen.
Mit der Variante der SGK-S entstünden den Kantonen Mehrkosten von rund 356 Millionen Franken. Beim Vorschlag des Bundesrates wären es 493 Millionen Franken. Mehrheitssprecher Erich Ettlin (Mitte/OW) warnte, ohne Gegenvorschlag steige die Wahrscheinlichkeit einer Annahme der Initiative. Doch diese wäre nicht finanzierbar.
Hannes Germann (SVP/SH) warb dagegen für Nichteintreten. Seit dem ersten Entscheid der kleinen Kammer habe sich nichts geändert. Die Bedenken vonseiten der kantonalen Finanzdirektoren seien gross. Höhere Beiträge an die Prämienverbilligungen führten zum Wegfall von Sparanreizen und dürften das Kostenwachstum weiter befeuern.
Unterstützung erhielt Germann von Benedikt Würth (Mitte/SG). Das System der Prämienverbilligungen funktioniere in seiner heutigen Form gut. Die Kernfrage sei, ob man in die Budgethoheit der Kantone eingreifen wolle.
Kantone in die Pflicht nehmen
Hans Stöckli (SP/BE) rief dagegen in Erinnerung, die Prämienverbilligungen seien eingeführt worden, um die negativen Effekte der Kopfprämien abzufedern. Es sei beschämend, wenn sich die Kantone hier aus der Verantwortung ziehen wollten. Zehn von ihnen hätten in den letzten Jahren ihre Beiträge gekürzt.
Auch Gesundheitsminister Alain Berset sagte, die heutige Situation entspreche nicht dem, was man 2008 im Rahmen des Finanzausgleichs beschlossen habe. Die ursprüngliche Idee sei gewesen, dass Bund und Kantone je rund die Hälfte an die Prämienverbilligungen beitrügen. Doch in einem Kanton betrage der Bundesanteil gegenwärtig 85 Prozent, in einem anderen 70 Prozent. Gebe es keinen Gegenvorschlag, fehle es im Abstimmungskampf an Argumenten.
Die Prämienentlastungs-Initiative der SP verlangt, dass Versicherte höchstens zehn Prozent ihres verfügbaren Einkommens für die Krankenkassenprämien ausgeben müssen. Wird diese Grenze überschritten, müssten Bund und Kantone mit Prämienverbilligungen einspringen - der Bund zu mindestens zwei Dritteln. Mit der Initiative selbst befasste sich der Ständerat noch nicht.
Nationalrat will Mehrausgaben für Bund
Der Nationalrat seinerseits möchte beim indirekten Gegenvorschlag über den Vorschlag des Bundesrates hinausgehen - und auch mehr Bundesgeld einsetzen als heute. Sein Beschluss sieht vor, über zwei Milliarden Franken von Bund und Kantonen für zusätzliche Prämienverbilligungen auszugeben, davon zusätzliche rund 800 Millionen Franken zu Lasten der Kantone.
Die Mehrkosten für den Bund erklären sich im Wesentlichen dadurch, dass der Nationalrat eine separate Finanzierung der Prämienverbilligungen für Bezügerinnen und Bezüger von Ergänzungsleistungen in die Vorlage einbaute.
Anträge der Ratslinken, dem Nationalrat zu folgen, blieben in der Ständeratsdebatte am Dienstag ohne Erfolg. Stöckli gab ohne Erfolg zu bedenken, nur mit der Lösung der grossen Kammer sei ein Rückzug der Initiative in Griffweite. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) kritisierte den Gegenvorschlag in der Version des Ständerats in einer Stellungnahme umgehend als ungenügend.
(AWP)