Herr Fahrländer, seit mehr als 20 Jahren geht es nur nach oben. Sind die heutigen Immobilienpreise noch vernünftig?
Stefan Fahrländer: Es stellt sich die Frage nach 'vernünftig'. Gemäss unseren Beobachtungen und Analysen sind die Preise mittels Fundamentaldaten gut erklärbar. Sie sind insofern 'vernünftig', als dass wir keine Blase sehen. Hingegen stellt sich bei den Fundamentaldaten, insbesondere bei den Zinsen, schon die Frage, wann diese stark ändern. Wir gehen allerdings davon aus, dass sie bis auf Weiteres tief bleiben.
Werden die Preise weiter steigen – und wie werden sich die Mieten entwickeln?
Wohneigentum und Mehrfamilienhäuser werden – mit regionalen Unterschieden – weiter an Wert zulegen, sofern regulatorisch kein massiver Eingriff erfolgt oder ein starker Zinsanstieg passiert. Bei den Mieten sehen wir insgesamt eher eine Seitwärtsbewegung, wobei in den Agglomerationskernen mit starkem Nachfrageüberhang weiter steigende Mieten zu beobachten sein werden.
Wo findet der Mittelstand – mit Haushaltseinkommen bis maximal 200'000 Franken – noch Immobilien?
Mit einem Einkommen von 200'000 Franken findet ein Haushalt schon noch Wohneigentum. Dieses liegt aber nicht äusserst zentral, ist eher ein einseitig angebautes Haus oder eine Eigentumswohnung und auch nicht unbedingt neuwertig und gehoben ausgebaut. Die kritische Grenze liegt gemäss unseren Beobachtungen deutlich unter 200'000 Franken.
Wie gross ist die Schere zwischen Angebots- und Verkaufspreis?
Während vor wenigen Jahren, im Zuge der Abschwächungen aufgrund der (Selbst)-Regulierungen bei der Hypothekarvergabe, die Angebotspreise beim Wohneigentum oftmals über den Transaktionspreisen lagen, hat sich das wieder gedreht und die Angebotspreise werden in der Transaktion wieder vermehrt überschritten. Dabei geht die Schere vorderhand noch etwas auf.
Ein Grossteil der Schweizer Eigenheime gehört den älteren Generationen, und viele Häuser und Eigentumswohnungen werden innerhalb der Familie weitergereicht. Ist das ein Problem aus gesellschaftlicher Sicht?
In der Bundesverfassung sind die Eigentumsrechte garantiert. Insofern kann dies nicht problematisch sein. Andererseits ist es schon so, dass viele Eigenheime heute sehr schwach belegt sind und der Flächenverbrauch entsprechend hoch ist. Aus ökologischer und raumplanerischer Sicht wäre es deshalb erwünscht, dass die grossen Eigenheime nach dem Auszug der Kinder freigegeben und durch einen anderen – grösseren – Haushalt wieder dichter belegt werden.
Auch viele Privatpersonen kaufen Mietwohnungen, um diese zu vermieten. Wie sinnvoll ist Buy-to-let in der heutigen Zeit?
Betongold hat immerhin eine positive Rendite. Insofern ist Buy-to-let rational, wenngleich - im Lichte der Fundamentaldaten - nicht a priori nachhaltig.
Wird Homeoffice den Büroflächen-Bedarf senken?
Nein, höchstens vorübergehend. Hingegen dürften die Anforderungen an die Büroflächen ändern, was aber den Flächenverbrauch pro Mitarbeiter nicht zwingend senkt. Wir beobachten gar Firmen, die im Zuge des verstärkten flexiblen Homeoffices - aus Gründen der Identifikation mit der Firma, etc. - den Flächenverbrauch eher leicht steigern.
Werden Coworking-Spaces künftig zu einem wichtigen Element des Büromarkts?
Sie sind hier und werden bleiben, sind aber kein 'Game-Changer' im eigentlichen Sinn. So wie Autoleasing ebenfalls Vor- und Nachteile hat, ist es auch beim Coworking – insbesondere auch aus finanzieller Sicht. Die Angebote werden unseres Erachtens künftig verstärkt von Firmen temporär angemietet, beispielsweise, wenn in einer Region ein grosser Auftrag bearbeitet werden muss und die Büros nicht vor Ort sind. In solchen Fällen macht eine temporäre Filialenbildung durchaus Sinn.
Stefan Fahrländer beantwortete die Fragen schriftlich.
Dieser Artikel erschien zuerst bei handelszeitung.ch mit dem Titel: "'Betongold hat immerhin eine positive Rendite'"