Donald Trump war am Dienstag in seiner Rede am World Economic Forum (WEF) in Davos voll des Lobes - vor allem über sich selbst und seine Witschaftspolitik. Rund zwei Drittel seines Vortrags widmete Trump verschiedenen Aufzählungen seiner ökonomischen Errungenschaften. Er habe vor zwei Jahren am WEF seine Visionen vorgestellt. Diese habe er mittlerweile umgesetzt, sagte Trump. "Vor meiner Zeit war der Ausblick für die Weltwirtschaft düster." Er habe es nun aber allen Zynikern gezeigt.
Sandra Navidi ist Trump-Kritikerin. Laut der Finanzmarktexpertin und Gründerin von BeyondGlobal, die in New York wohnt, kann Trump nur "Pseudoerfolge" vorweisen, wie sie im cash-Video-Interview am WEF sagt.
Warum kritisiert sie den "Erfolg" des US-Präsidenten? Die Gründe liegen in der Vergangenheit. "Trump hatte bereits eine hervorragend performende Wirtschaft von seinem Präsidentschaftsvorgänger übernommen", so Navidi. Trump profitiere nach den Zinssenkungen der US-Notenbank im letzten Jahr nun auch zusätzlich vom billigen Geld. Die Folge aber auch: "Die Staatschulden sind auf einem Rekordstand. Trump dopt die Wirtschaft, die er zunehmend degereguliert", sagt Navidi. Der US-Präsident führe die Wirtschaft fast wie früher seine Unternehmen.
«Trump hat einen guten Instinkt»
Die US-Wirtschaft, für die viele Experten im letzten Jahr eine Rezession prognostiziert hatten, zeigte zuletzt Licht und Schatten. Während die Industrie in einer Auftragsflaute steckt, sind die Dienstleister im Aufwind. Am Arbeitsmarkt läuft der Jobmotor aber weiter rund.
Allerdings dürfte die Wirkung der lockeren Geldpolitik ausgerechnet im US-Wahljahr nachlassen. Das Land steht schon wieder an der Schwelle zur Rezession, warnen zum Beispiel Ökonomen von Pictet. 2020 dürfte die US-Wirtschaft nur noch um 1,5 Prozent wachsen, nachdem sie im Vorjahr noch um 2,3 Prozent zugelegt hatte, so die Prognose.
Die US-Börsen könnten bis zu den US-Wahlen dennoch weiter steigen, meint Navidi, obwohl sich die Aktienmärkte weiter von der Wirtschaft abgekoppelt hätten. Die gut laufenden Börsen haben auch mit dem guten Instinkt von Trump zu tun, der sich auch auf die Börsen auswirke, wie Navidi zugeben muss.
Als Beispiel führt sie den Iran-Konflikt heran. "Er zettelt einen Konflikt an, ist also Brandstifter, und spielt sich dann als Feuerlöscher auf." Die Börse mache parallel dazu erst einen Schritt zurück und dann zwei Schritte nach vorne, so Navidi, Autorin des Bestsellers "Super Hubs - Wie die Finanzelite und ihre Netzwerke die Welt regieren".
Navidi unterstellt den Teilnehmern am WEF eine gewisse Heuchelei, wenn sie sagt: "Die Wirtschaftsführer sind natürlich hoch erfreut über Trumps Politik, obwohl sie ihn hinter vorgehaltener Hand alle kritisieren. Sie verachten ihn alle irgendwie, aber wenn es um den eigenen Geldbeutel geht, sind sie alle bereit, das zu ignorieren."