Wie das britische Verteidigungsministerium mitteilte, sei es wahrscheinlich, dass ein Viertel der eingesetzten 120 Bataillone mittlerweile kampfunfähig sei. Auch einige der russischen Eliteeinheiten wie Luftlandetruppen hätten erhebliche Verluste erlitten, erklärt das Ministerium am Montag auf Twitter. "Es wird wahrscheinlich Jahre dauern, bis Russland diese Truppen wieder aufstellen kann." Die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock hatte es als eine Aufgabe der westlichen Unterstützung für die Ukraine und der Sanktionen bezeichnet, dass Russland auf Jahre nicht erneut einen Angriffskrieg führen können solle. Dies betreffe vor allem die Schwächung der russischen Wirtschaft über den Weg der Sanktionen. Russland setzte nach ukrainischen Angaben seine Angriffe im Osten fort.

Zudem häufen sich Berichte über Anschläge oder Beschuss auch auf russischem Territorium. In der südrussischen Region Belgorod, die an die Ukraine grenzt, ereigneten sich in den frühen Morgenstunden zwei Explosionen, wie der Gouverneur der Region, Wjatscheslaw Gladkow, in den sozialen Medien schrieb. Es habe keine Verletzten oder Schäden gegeben. Die ukrainische Regierung hat sich bisher nicht zu Angriffen auf russisches Territorium bekannt. Beide Seiten sprechen von sehr hohen Verlusten der anderen Seite. Während ukrainische Behörden von 23.000 getöteten russischen Soldaten sprechen, gibt die russische Regierung eine ähnlich hohe Anzahl an Toten auf ukrainischer Seite an. Reuters konnte die Angaben nicht überprüfen.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow widersprach Spekulationen, die russische Führung wolle am 9. Mai Erfolge ihres Einmarsches in der Ukraine vorweisen können. Der bevorstehende Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg werde keinen Einfluss auf die militärischen Einsätze in der Ukraine haben, sagte Lawrow im italienischen Fernsehen auf eine entsprechende Frage. "Unsere Soldaten werden ihre Handlungen nicht von einem bestimmten Datum abhängig machen." Russland wolle zudem einen Atomkrieg verhindern. Westliche Medien würden die Warnungen vor einem Atomkrieg falsch darstellen.

Lawrow betonte zudem, dass es nicht Ziel Russlands sei, einen "Regimewechsel", also einen Sturz des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selsenskyj, in Kiew herbeizuführen. Eine Regimewechsel sei keine Bedingung für einen Frieden. Russland wolle nur Sicherheitsgarantien für pro-russische Ukrainer im Osten. Russische Truppen waren am 24. Februar in die Ukraine einmarschiert. Die Regierung in Moskau bezeichnete ihr Vorgehen als Sondereinsatz zur Entmilitarisierung und Entnazifizierung des Nachbarlandes. Sie weist Vorwürfe zurück, Zivilisten anzugreifen. Westliche Staaten sprechen dagegen von einem Angriffskrieg Russlands und Verbrechen gegen die ukrainische Zivilbevölkerung. Seit Beginn der russischen Invasion sind nach Angaben der Vereinten Nationen mehr als fünf Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen.

Russland setzt Angriffe in der Ostukraine fort

Russland setzte nach Angaben der Ukraine seine Angriffe im Osten des Landes fort. Die russischen Truppen versuchten, die Stadt Rubischne einzunehmen und bereiteten einen Angriff auf Sjewjerodonezk vor, erklärte der ukrainische Generalstab. Im weiter östlich gelegenen Dnipro traf eine russische Rakete ein Getreidesilo, wie der zuständige Gouverneur Walentyn Resnitschenko mitteilt. Niemand sei verletzt worden. In der Region Luhansk wurden nach Angaben von Gouverneur Serhij Gaidai in den vergangenen 24 Stunden drei Menschen bei Angriffen getötet.

Am Sonntag waren aus dem von russischen Truppen belagerten Stahlwerk Asowstal in der südostukrainischen Hafenstadt Mariopol mehrere Dutzend Zivilisten evakuiert worden. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von 100 Zivilisten, die russische Seite von 80. Russische Truppen belagern seit Wochen die durch Beschuss stark zerstörte Stadt. Während sie weite Teile der Stadt erobert haben, haben sich einige hundert ukrainische Soldaten und Kämpfer in dem Stahlwerk verschanzt. Auch Zivilisten haben dort Zuflucht gesucht. Seit Tagen gibt es Appelle an die russischen Truppen, die dort eingeschlossenen Frauen und Kinder passieren zu lassen. Die ukrainischen Soldaten wollen sich bisher nicht ergeben.

In Brüssel werden die EU-Energieminister heute debattieren, ob ein Ölembargo Teil des sechsten Sanktionspakets gegen Russland sein soll. Bundesaußenministerium Baerbock hatte sich am Sonntagabend dafür ausgesprochen. In Deutschland geht die Debatte weiter, ob führende Politiker nach Kiew reisen sollten. "Ja, ich werde auch fahren", sagte Baerbock in der ARD. Aber sie habe mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier abgestimmt gehabt, dass dieser zuerst fahren sollte. Leider sei der Bundespräsident dann von ukrainischer Seite wieder ausgeladen worden. "Das heißt nicht, dass ich in Zukunft nicht fahren werde", fügte Baerbock hinzu. Auch CDU-Chef Friedrich Merz will nach Angaben aus Parteikreisen am Montag nach Kiew reisen.

(Reuters)