Gesetzgeber in den USA, der EU, Grossbritannien, Japan und anderen Ländern erwägen für den 150 Milliarden Dollar schweren Sektor neue Regeln. Im Fokus steht dabei die Bemühung, die Emittenten von Stablecoins denselben Finanzregelungen zu unterwerfen wie Zahlungsanbieter.

Die Regulierungsbehörden wollen ein Mitspracherecht bei den Arten von Vermögenswerten, die Stablecoin-Anbieter verwenden können, um die angestrebte 1:1-Bindung zu Währungen wie den Dollar zu erreichen. 

"Für die Emittenten von Stablecoins geht es um Leben und Tod", sagte Hirander Misra, Chairman beim Marktinfrastruktur-Dienstleister GMEX Group. "Sie müssen nachweisen, dass sie über angemessene Reserven verfügen und in Bezug auf die Prüfung transparent sein, oder sie werden letztendlich gezwungen sein, aufzuhören."

Hohe Preisschwankungen

Angesichts der generell hohen und zeitweise enormen Preisschwankungen am Kryptomarkt werden Stablecoins von Investoren im Segment gern als sicherer Hafen verwendet. Mit dem Kollaps des Projekts TerraUSD/Luna im Mai ist das Segment verstärkt in den Fokus der Aufsicht gerückt.

Das Augenmerk gilt dabei speziell den grossen Akteuren: Circle Internet Financial Ltd und Tether Holdings kommen mit ihren Token USDC und Tether laut dem Branchenbeobachter DeFiLlama auf einen kombinierten Marktanteil von fast 80 Prozent. Sie halten den Wert ihrer Stablecoins aufrecht, indem sie Reserven an Bargeld und Bargeldäquivalenten halten, die der Menge der im Umlauf befindlichen Token entsprechen. 

Liquide Mittel erleichtern und beschleunigen die Rückzahlung und werden im Allgemeinen von Regulierungsbehörden und Anlegern gegenüber Kryptorücklagen oder algorithmischen Swaps bevorzugt. Die Aufsichtsbehörden wollen jedoch auch sehen, dass die Projekte den selbst gesteckten Ansprüchen gerecht werden. 

Angemessene Regeln aufstellen

"Das Risiko eines Stablecoins hängt im Wesentlichen davon ab, durch welche Reserven er gedeckt ist - kurz gesagt, je grösser die Reserve, desto geringer das Risiko", sagte Sarah Kocianski, eine unabhängige Fintech-Beraterin. "Wenn die Regulierungsbehörden in der Lage sind, das Risiko eines Stablecoins genau einzuschätzen, können sie angemessene Regeln aufstellen, was bedeutet, dass die Transparenz der Unternehmen in Bezug auf ihre Reserven entscheidend ist."

Der ehemalige britische Krypto-Regulierer Christopher Woolard betont, die Behörden wollten vermeiden, dass Stablecoins letztlich nur über eine unzureichende Deckung verfügen. "Die Zentralbanken werden von der Sorge umgetrieben, dass es einige der Probleme von Geldmarktfonds geben könnte - nur viel ausgeprägter", erklärte der heutige EY-Partner, der bei Grossbritanniens Financial Conduct Authority für den Bereich Digitalwährungen zuständig war. 

Circle und Konkurrent Paxos Trust haben damit begonnen, monatliche Updates zu den Reserven zu veröffentlichen, die ihre jeweiligen an den Dollar gekoppelten Token USDC und PAX unterlegen. In diesem Jahr wurden unter anderem detaillierte Informationen über die Art ihrer Bargeldbestände und US-Schatzbriefe offengelegt - bis hin zur CUSIP, einer eindeutigen Identifikationsnummer, die Namensanleihen in Nordamerika zugewiesen wird.

Tether grösster Stablecoin

Grösster Stablecoin ist mit einem Marktanteil von mehr als 40 Prozent das Projekt Tether, das im vergangenen Jahr von der US-Terminmarktaufsicht CFTC mit einer Geldstrafe belegt wurde, weil es hinsichtlich seiner Reserven gelogen hatte. Inzwischen veröffentlicht Tether vierteljährliche Bescheinigungen über die Vermögenswerte, die den Token USDT unterlegen - allerdings ohne Identifikatoren. Im vergangenen Monat äusserte der Projektbetreiber die Hoffnung, zu gegebener Zeit eine vollständige Prüfung durch eine "Big 12"-Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu veröffentlichen.

Verwalter von Geldmarktfonds würden für Stablecoin-Anbieter die Verpflichtung begrüssen, detailliertere Informationen über ihre Bestände an Vermögenswerten vorzulegen. Die Emittenten sollten ihre Reserven "täglich" offenlegen, sagte Bill Cannon, Leiter des ETF-Portfoliomanagements beim Krypto-Assetmanager Valkyrie. "Dies sollte fast in Echtzeit geschehen, denn letztlich handelt es sich einfach um ein Bargeldäquivalent und es ist sehr, sehr einfach, dies zu melden."

Mit den zu erwartenden Regulierungsinitiativen dürften Geschäftsbanken und andere grosse Unternehmen mehr Sicherheit erhalten, wenn sie ihre eigenen Stablecoins auf den Markt bringen, erwartet Jeff Tijssen, Chef des Fintech-Bereichs bei Bain & Co. Sowohl bei Zahlungen im Einzelhandelsbereich als auch bei Überweisungen von Unternehmen zu Unternehmen könnten diese dann mit bestehenden Token konkurrieren. Zudem arbeiten mehr als vier Fünftel der Zentralbanken an eigenen digitalen Währungen, wie eine Umfrage der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich vergangenes Jahr ergab. 

(Bloomberg)