Die jüngste Börsenrally ist Experten zufolge noch nicht am Ende: "Die Aussicht auf weitere Konjunkturhilfen für die gebeutelte Konjunktur, gepaart mit den Hoffnungen auf die rasche Zulassung eines Corona-Impfstoffs, könnten den Weg für eine Jahresendrally ebnen", prognostiziert Analyst Timo Emden von deutschen Analysehaus Emden Research.

Die Erleichterung über den Sieg von Joe Biden bei der US-Präsidentschaftswahl und Erfolge bei der Entwicklung eines Coronavirus-Impfstoffs haben die Börsen angetrieben. Im Wochenverlauf resultierte im SMI ein Plus von 1,6 Prozent, nachdem das Schweizer Börsenbarometer in der Vorwoche bereits 7,7 Prozent geklettert war.

Weiter Fokus auf Brexit-Gesprächen

"Tatsächlich haben sich somit bei zwei der zentralen Belastungsfaktoren entscheidende Fortschritte ergeben", sagt Carsten Mumm, Chef-Analyst der Privatbank Donner & Reuschel. "Dadurch könnte die zuletzt stockende wirtschaftliche Erholung in Europa ab dem ersten Quartal wieder einen deutlichen Anschub erhalten, vor allem, wenn bei den Brexit-Verhandlungen kurzfristig auch noch eine positive Überraschung gelingen könnte."

Hier gab es zuletzt allerdings einen Dämpfer. Der irischen Regierung zufolge werden sich Grossbritannien und die EU nicht wie erhofft bis Mitte November auf ein Handelsabkommen einigen. Eine Vereinbarung zu diesem Termin galt bislang als zwingend, damit ein Vertrag bis zum endgültigen EU-Austritt des Vereinigten Königreich zum Jahreswechsel von allen Mitgliedstaaten ratifiziert werden kann.

Als positives Zeichen werteten Marktbeobachter allerdings, dass der engste Berater des britischen Premierministers Boris Johnson, Dominic Cummings, seinen politischen Rückzug zum Jahresende in Aussicht stellte. "Mit Cummings Weggang, der als einer der Schlüsselpersonen hinter dem Brexit angesehen wird, deutet dies darauf hin, dass Johnson weitere Kompromisse in Betracht ziehen könnte, was positiv zu werten sein wird", sagt Lee Hardman, Währungsanalyst beim Broker MUFG.

Fed dürfte Kastanien aus dem Feuer holen

Rund um die US-Wahlen halte sich die Enttäuschung der Anleger über den ausgebliebenen Erdrutschsieg von Bidens Demokraten in Grenzen, sagt Bart Melek, leitender Anlagestratege beim Brokerhaus TD Securities. Wenn die Republikaner ihre Mehrheit im US-Senat bei den ausstehenden Stichwahlen verteidigten, werde das erwartete zusätzliche Konjunkturpaket zur Abfederung der Coronavirus-Folgen sicher kleiner ausfallen als gedacht. "Irgendetwas werden wir aber bekommen." Ausserdem dürfe man die ultra-lockere Geldpolitik der US-Notenbank Fed nicht vergessen. "Es gibt andere Wege zu Stimuli als über den Kongress."

Nigel Green, Gründer und Chef des Anlageberaters deVere, mahnte allerdings zu "vorsichtigem Optimismus". Anleger sollten auf jeden Fall vermeiden, wahllos Aktien zu kaufen.

Nachzügler der Bilanzsaison

In der Schweiz werden nächste Woche noch einige Nachzügler ihre Zahlen vorlegen. Am Montag publizieren der Hörgeräteentwickler Sonova und das Tourismusunternehmen Orascom Development Holding ihre neuesten Bilanzen. Im Laufe der Woche fürhren di eABB und Swiss Re ihre Investorentage durch. Am Donnerstag stimmten die Aktionäre der UBS über die zweite Tranche der Dividende ab. 

Von der auslaufenden Bilanzsaison versprechen sich Experten ebenfalls kaum Impulse für den Gesamtmarkt. Unter anderem öffnen der britische Mobilfunker Vodafone, der französische Mischkonzern Bouygues und der US-Einzelhändler Walmart ihre Bücher.

Bei den Konjunkturdaten richten Anleger ihre Aufmerksamkeit auf die US-Einzelhandelsumsätze am Dienstag. Der private Konsum gilt als Hauptstütze der weltgrössten Volkswirtschaft. Am Tag zuvor steht das Konjunkturbarometer der Federal Reserve Bank von New York auf dem Terminplan. Am Donnerstag folgen die Frühindikatoren.

(Reuters/cash)