Die Kolumne "Gopfried Stutz" erschien zuerst im 

Die Genfer Privatbank Pictet hat diese Woche ihre jährliche Langzeitstudie publiziert, für die sie unter anderem auch bekannt ist. Was da jeweils herauskommt, ist durchaus interessant. Zum Beispiel dies: "Der durchschnittliche jährliche Wertzuwachs einer Anlage am Schweizer Aktienmarkt lag im Zeitraum von Anfang 1926 bis Ende 2020 bei circa 7,8 Prozent."

Oder: "Wer 1926 zu Beginn des Jahres 1000 Franken in Aktien investiert hätte, hätte diesen Betrag per Ende 2020 auf 1,276 Millionen Franken vermehrt."

Nun, es kommt natürlich immer darauf an, in welche Aktien man investiert hätte. Pictet orientiert sich am gesamten Markt. Doch die Botschaft ist klar: Langfristig sind die Aktien noch immer gestiegen.

Werden sie das auch in Zukunft tun? Ich denke es. Wissen tu ich es aber nicht. Offiziell leben wir im Anthropozän. In jenem Zeitalter, in dem der Mensch der grösste Einflussfaktor der Erde geworden ist. Der deutsche Philosoph Richard David Precht nennt das heutige Zeitalter jedoch Monetozän. Das Zeitalter des Geldes, "in dem nicht der Mensch biotisch, sedimentär und geochemisch die Erde umpflügt, sondern die Verwertungsinteressen des Kapitals".

Also nochmals: Werden die Aktienkurse auch in Zukunft immer und immer steigen? Mit Precht können wir die Frage anders stellen: "Ist die Erde noch zu retten?" Falls ja, müsste man aber aus dem gnadenlosen Prozess des Wachstums ausbrechen und die belebte Natur wiederentdecken, statt sie allein als Ressource zu betrachten. So jedenfalls sieht es der vielleicht prominenteste deutsche Philosoph der Gegenwart. Wie er in seinem eben erschienenen Buch "Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens" schreibt, dränge diese Bewegung "über kurz oder lang auf die Überwindung des Kapitalismus".

Gerade in der heutigen Zeit, in der die Menschheit mehr Angst hat vor natürlichen als vor Computerviren, ist die Kapitalismuskritik wieder lauter geworden.