Bald ist es soweit. Der September bringt neben sinkenden Temperaturen, kürzeren Tagen und neuen Erwartungen am Aktienmarkt – Stichwort Jahresendrally – Jahr für Jahr ein weiteres Thema mit sich: den möglichen Wechsel der Krankenkasse.

Bis Ende September müssen Zusatzversicherungen gewechselt werden, allein für die Grundversicherung geht aber auch noch bis Ende November. Allerdings ist es ratsam, sich schon im September Gedanken zu machen, denn im Lauf des Monats werden die Prämien für 2019 bekanntgegeben. Die Krankenkasse gewechselt wird, wenn, primär wegen günstigerer Prämien.

Grundsätzlich ist wichtig zu wissen ist: Jede und jeder muss von den Krankenkassen von Gesetzes wegen in die Grundversicherung aufgenommen werden, und die Leistungen der Grundversicherung sind überall gleich. Aber für Menschen, die langsam etwas in die Jahre kommen, gibt es noch einen anderen Aspekt zu beachten: Die  Beschwerden und damit die Arztbesuche nehmen zu, und man muss mehr und mehr Spezialisten aufsuchen.

Mit fortschreitendem Alter wollen manche ihren Krankenschutz individuell ausgestalten und optimieren und dabei die Kosten trotzdem im Griff behalten. Folgende Fragen müssen Sie sich dann stellen:

Soll ich weg vom Hausarztmodell?

Das Hausarztmodell ist das verbreitetste Modell in den Schweizer Krankenkassen. Patienten müssen sich immer zuerst an ihren Hausarzt wenden und werden je nach Befund an Spezialisten überwiesen. Von sich aus zu einem Spezialisten zu gehen ist nur in Not- und Ausnahmefällen möglich. Dafür verlangen die Krankenkassen eine im Schnitt um 20 Prozent tiefere Prämie. Besonders oft wählen 19- bis 25-Jährige dieses Modell.

Im höheren Alter ist das Krankenkassen-Modell eine Frage der individuellen Bedürfnisse. Manche Patienten schätzen es, einen vertrauten Arzt als Ansprechpartner zu haben.

Es hat aber auch Nachteile: In der Tendenz bringt das Hausarztmodell einen höheren bürokratischen Aufwand mit sich. Zweitmeinungen einzuholen ist mit dem Hausarztmodell nicht möglich. Dann ist das teurere Modell mit der freien Arztwahl die bessere Lösung. Speziell für Städter ist eine Alternative zum Hausarztmodell die HMO-Lösung, weil in dicht besiedelten Gegenden diese Gesundheitsnetzwerke in der Regel gut ausgebaut sind.

Soll ich die Franchise ändern?

Wer wenig Arzt-, Spital- und Medikamentenkosten hat, fährt mit einer maximalen Franchise der Grundversicherung von 2500 Franken über mehrere Jahre hinweg gesehen am besten. Wenn mit über 2000 Franken Gesundheitskosten im Jahr gerechnet werden muss, wird hingegen die tiefste Franchise von 300 Franken empfohlen. Die Faustregel besagt nach wie vor, dass man entweder mit der höchsten oder der tiefsten Franchise fahren soll.

Mit einer Franchise von 2500 Franken spart man wegen der damit verbundenen tieferen Prämien gegenüber der Franchise von 300 Franken innerhalb von fünf Jahren rund 6000 Franken. Wenn aber nur schon jedes zweite Jahr höhere Gesundheitskosten fällig werden, schmilzt dieser Vorteil dahin. Daher: Im höheren Alter wird die Tiefstfranchise relativ schnell sinnvoll.

Bekomme ich noch eine Zusatzversicherung?

Zusatzversicherungen sind für die Anbieter bei jüngeren Versicherten sehr profitabel. Und um ihre guten Margen zu schützen, bedienen sich die Krankenkassen bei diesem freiwilligen Teil der Gesundheitsabsicherung einer "Alters-Guillotine". Wer über 65 ist, kann bei den wenigsten Kassen noch eine solche Zusatzversicherung abschliessen.

Aber auch der Wechsel der Zusatzversicherung ist schwierig, und dies schon weit vor dem Pensionsalter: "Zusatzversicherungen sollte man generell und insbesondere im Alter von rund 45 Jahren nur noch kündigen, wenn man die schriftliche Zusage einer anderen Krankenkasse hat, die neue Zusatzversicherung zu erhalten", sagt Experte Christoph Biveroni vom Vergleichsportal Verivox.

Droht mir das Problem der «Überversicherung»?

Einer Studie des Vergleichsdienstes Comparis zufolge wurden 2016 in der Schweiz 5,4 Milliarden für Zusatzversicherungen ausgegeben. Den Experten dieses Vergleichsportals zufolge ist dies ein sehr hoher Betrag. Zusatzversicherungen werden oft im Paket und gleichzeitig mit Einschränkungen bei den Leistungen angeboten.

Unabhängig vom Lebensalter sollte man überprüfen, ob man typische Zusatzversicherungen wie bei Sehhilfen, Fitnessabonnements, Reiseschutz und Auslandsbehandlungen oder Zahnbehandlungen braucht oder nicht. Am ehesten wird der (eher kostengünstige) Zusatz "allgemeine Abteilung Schweiz" für Behandlungen ausserhalb des Wohnkantons empfohlen. Sinnvoll ist dies vor allem für Bewohner von ländlichen Gegenden mit wenigen Spitälern.

Bestehen im Alter Kostenfallen?

"Unter Umständen bezahlt man mehr Prämien als man als Gegenwert an Leistungen bezieht", sagt Verivox-Experte Biveroni.  Die Grundversicherung deckt viel ab, und selbst alternativmedizinische Behandlungen wie etwa traditionelle chinesische Medizin oder Homöopathie werden abgedeckt, sofern sie von Fachärzten mit Zusatzausbildung angeboten werden. "Man muss sich also die Frage stellen, ob man Zusatzversicherungen nur wegen 'Lifestyle'-Bedürfnissen ausgewählt hat", so Biveroni.

Zusatzversicherungen haben aber noch ein weiteres Problem, vor allem für ältere Menschen: Die Prämien steigen mit dem Alter und werden überproportional höher. Es kann vorkommen, dass eine 80-Jährige im Monat 1000 Franken für ihre Zusatzversicherungen berappen muss. Einer solchen Kostenfalle muss man vorher nach Möglichkeit ausweichen.

Soll ich mich halbprivat oder privat versichern lassen?

Wer – zum Beispiel – im Flugzeug nur Business oder First Class fliegt, wird sich wohl auch für teures Geld bei der Krankenkasse halbprivat oder privat versichern. Auch das sind Zusatzversicherungen. Für den grösseren Teil der Bevölkerung sind diese Produkte, die unter anderem freie Arztwahl, Zweibett- oder Einzelzimmer im Spital, Behandlung in Privatkliniken und Betreuung durch Chefärzte ermöglichen, schlicht zu teuer.

Zur Deutschschweizer Durchschnittsprämie (mit Unfalldeckung) von rund 450 Franken im Monat zahlen halbprivat Versicherte mit 35 Jahren bis zu 130 Franken und 55-Jährige bis zu 350 Franken mehr Prämie. Das Alter kann aber den Wunsch nach mehr Komfort mit sich bringen. Wer es sich leisten kann und will, hat die Möglichkeit einer flexiblen Lösung: "Statt sich halbprivat oder privat versichern zu lassen, greifen Kunden der Krankenkassen vermehrt auf Flex-Produkte zurück", sagt Experte Biveroni. Manche Krankenkassen bieten dies an.

Bei diesen flexiblen Produkten bezahlt man zwar eine höhere Prämie als bei der Deckung für die allgemeine Abteilung, kann dafür vor einem Spitalaufenthalt gegen eine Kostenbeteiligung im Sinne eines Selbstbehalts nach Wunsch die halbprivate oder private Abteilung wählen: "Für Versicherte, die bisher halbprivat oder privat versichert gewesen sind, bietet dies bei den meisten Krankenkassen die Möglichkeit eines 'Downgrading' ohne die Erfordernis, einen neuen Gesundheitsfragebogen ausfüllen zu müssen und möglicherweise abgelehnt zu werden."