Zum Zeitpunkt des Hilfspakets vom Mai 2010 - dem ersten von drei - argumentierten Politiker aus den Gläubigerländern des Euroraums, dass die Krise das Ergebnis einer chronischen fiskalpolitischen und wirtschaftlichen Disziplinlosigkeit sei. Um zu rechtfertigen, dass eine "No-Bailout-Klausel" verletzt wurde, waren Kredite an strenge Bedingungen gebunden, die alles Mögliche abdeckten, von Staatsausgaben bis hin zu öffentlicher Verwaltung und Justiz. Wie hat sich Griechenland entwickelt?
Während Griechenlands Absturz weit über die Grenzen des Landes hinaus Auswirkungen hatte, war der Effekt im Heimatland besonders dramatisch. Die Wirtschaftsleistung sank um ein Viertel und der Lebensstandard sackte ab, nachdem der Verlust von mehr als einer Million Arbeitsplätzen die Arbeitslosigkeit an einem Zeitpunkt auf 28 Prozent getrieben hatte.
Der griechische Teil der globalen Finanzkrise wurde ausgelöst, als die neu gewählte Regierung von Giorgos Papandreou offenbarte, dass das Land die Welt in Bezug auf seine Finanzen irregeführt hatte und das Haushaltsdefizit 2009 auf mehr als 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angewachsen sei - das Fünffache der EU-Obergrenze.
In den letzten Jahren hat sich die Debatte über die griechischen Finanzen mehr auf die Höhe der Staatsverschuldung und des Haushaltssaldos ohne die Kosten für die Bedienung dieser Schulden verlagert. Damit hat die Tatsache, dass die Einnahmen seit zwei Jahren die Ausgaben übersteigen und die Regierung einen Gesamtüberschuss erwirtschaftet hat, weniger Aufmerksamkeit erhalten.
Die Verbesserung wurde erreicht, indem die Ausgaben gekürzt wurden, während die Einnahmen mehr oder weniger unverändert blieben. Aber angesichts des Ausmaßes des Einbruchs bedeutete das Aufrechterhalten eines stetigen Einkommens einen enormen Druck auf die griechische Mittelschicht, die immer mehr Steuern zahlen musste.
Öffentliche Verwaltung
Auf der Ausgabenseite wurden Griechenlands Haushaltsprobleme teilweise durch einen explosionsartigen Anstieg der Arbeitsplätze im öffentlichen Sektor in den Jahren vor dem Absturz verursacht. Eine Weigerung, Arbeitskräfte zu entlassen, wurde früh ein Streitpunkt zwischen der Regierung und den Gläubigern des Landes.
Diese Argumente verflüchtigten sich, nachdem Griechenland die öffentliche Lohnliste um 150'000 Arbeitsplätze schrumpfte, indem nur eine Person für jeweils fünf Abgänge eingestellt wurde und befristete Verträge nicht erneuert wurden.
Die Fortschritte, das Tempo bei der Beilegung von Zivilstreitigkeiten im Justizsystem zu erhöhen, sind jedoch nur langsam vorangekommen, und die Bürokratielast hat es erschwert, Investitionen anzuziehen.
Lohnkosten stark gesunken
In den vergangenen acht Jahren haben die Euroraum-Länder und der IWF immer wiederholt, dass Griechenland mehr Strukturreformen brauche, um wettbewerbsfähiger zu werden. Über drei Rettungspakete hat das Land Staatsaktiva verkauft, umfassende Änderungen beim Strommarkt eingeführt und Vorschriften geändert, die von Rechtsanwälten bis hin zu Friseuren alles Mögliche abdecken.
Auch die Lohnkosten sind stark gesunken, insbesondere nach den Reformen der Tarifverhandlungsregeln und einer Senkung des Mindestlohns im Jahr 2012. Die Gläubiger der Rettungspakete argumentierten, dass der Rückgang lediglich den großen Anstieg in den Jahren vor der Krise ausgleiche, dem keine entsprechende Verbesserung der Produktionskapazität der Wirtschaft gegenüber stand.
Neben steigenden Steuern und dem Verlust von Arbeitsplätzen waren die niedrigeren Löhne ein wesentlicher Faktor beim Rückgang des griechischen Lebensstandards. Ministerpräsident Alexis Tsipras will nach Verlassen des Hilfsprogramms einige Arbeitsmarktreformen zurückdrehen, unter anderem den Mindestlohn erhöhen.
Griechenland hat keine derartige exportorientierte Erholung erlebt, wie sie in anderen Krisenländern, etwa Irland und Spanien, zu beobachten war. Aber es hat sein externes Leistungsbilanzdefizit fast vollständig beseitigt und den geringen Anteil der Exporte am BIP erhöht.
Negative Schleife zwischen Staats- und Bankensektor
Zu Beginn der griechischen Krise behaupteten die Banker des Landes gerne, dass ihre Institute konservativ geführt würden und das Problem im öffentlichen Sektor entstanden sei. Was auch immer die Wahrheit war, es dauerte nicht lange, bis die negative Schleife zwischen Staats- und Bankensektor die Branche nach unten zog.
Die Banken wurden für eine Weile zahlungsunfähig, nachdem eine Umschuldung im Jahr 2012 den Wert ihrer Bond-Portfolios stark gedrückt hatte. Und drei Jahre später wurden sie für mehrere Wochen geschlossen, bevor sie mit Kapitalkontrollen wieder öffneten. Sie haben noch immer mit den Folgen zu kämpfen und sitzen auf notleidenden Krediten im Volumen von fast 50 Prozent ihres Kreditbuchs.
Diese Schwierigkeiten haben zu einem Verlust von Einlagen und Interbanken-Finanzierungslinien geführt, wodurch die Kreditinstitute am Tropf der Notenbankliquidität hingen. Die Notwendigkeit für diese Notfallfinanzierung hat sich indes stetig verringert und wurde vor dem Ausstieg aus dem Rettungspaket erstmals seit Beginn der Krise durch Interbanken-Finanzierung übertroffen.
(Bloomberg)