Dreimal, zweimal, einmal - oder gar nicht? Die Finanzmärkte rätseln darüber, inwieweit US-Notenbankpräsident Jerome Powell die Leitzinsen von aktuell 2,25 bis 2,5 Prozent im Jahr 2019 weiter nach oben schrauben wird. 2018 gab es vier Zinsschritte, der letzte Anstieg erfolgte an der letzten Sitzung vom 19. Dezember.

Noch im Herbst 2018 waren sich Markt und US-Notenbank weitgehend einig, dass es 2019 drei weitere Anhebungen geben wird. Somit wären die US-Leitzinsen Ende Jahr bei 3 bis 3,25 Prozent angelangt. Doch sind diese Prognosen inzwischen überholt: Da für 2019 eine Abkühlung der US-Konjunktur erwartet wird, rechnet die US-Notenbank nur noch mit zwei Zinsanhebungen, eine weitere soll 2020 folgen. Die US-Fed geht für 2019 mit einer Verlangsamung des US-Wirtschaftswachstums auf 2,3 Prozent aus, nach 3 Prozent Wachstum im Jahr 2018. Zudem wird die US-Notenbank - das zeigen die Erfahrungen der letzten rund 20 Jahre - immer auch einen Blick auf die Entwicklung der Börsen. Und mit diesen ging es ja vor allem im Dezember deutlich bergab.

Der Markt hingegen geht von gar von keinem Zinsschritt in den nächsten 12 Monaten mehr aus, wie ein Blick auf die Future-Kontakte der Federal Funds Rates verrät:

Entwicklung Future-Kontrakte auf die US-Leitzinsen in den letzten sechs Monaten, Quelle: fred-stlousfed.org

Die Grafik zeigt die Entwicklung der zukünftigen Zinserwartungen über die letzten sechs Monate. Die rote Linie stellt die 12-Monate-Futures dar. Anfang September erreichten diese einen Höchststand von fast 2,9 Prozent - was nichts anderes bedeutet, als dass der Markt damals die US-Leitzinsen 12 Monate später bei fast 2,9 Prozent erwartete. Seither ging es jedoch abwärts, inzwischen ist die Zinserwartung in 12 Monaten auf 2,5 Prozent abgesackt, das entspricht der aktuellen Leitzins-Höhe. Auch für die nächsten drei und sechs Monate wird ein unveränderter Leitzins erwartet.

Der Markt sendet sogar bereits erste Signale in Richtung Zinssenkung: Am letzten Donnerstag fiel die Rendite der zweijährigen US-Staatsanleihen erstmals seit 2008 unter den derzeitigen effektiven US-Zinssatz von 2,4 Prozent. Gemäss Ian Lyngen von BMO Capital Markets ist das eine grosse Sache: "Der Markt sagt der Fed damit, dass sie irgendwann in den kommenden 24 Monaten nicht nur ihren Zinserhöhungskurs stoppen muss, sondern sogar aktiv mit Zinssenkungen beginnen muss", sagte der US-Zinsexperte jüngst gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.

Trump als grösster Fed-Kritiker

Einer dürfte mit einem Stopp der US-Zinserhöhungen kein Problem haben: Donald Trump. Der US-Präsident kritisiert die Zinsanstiege immer wieder aufs Schärfste. Er wirft den Notenbankern vor, kein Gespür für den Markt zu haben und glaubt, dass mit dem Vorgehen der Fed der Aufschwung der US-Wirtschaft abgewürgt wird. Am 24. Dezember schrieb er auf Twitter: "Das einzige Problem, das unsere Wirtschaft hat, ist die Fed."

Durch höhere Leitzinsen wird tatsächlich die Wirtschaftsleistung ein Stück weit abgewürgt, ausserdem stärken höhere Zinsen den Dollar und machen Aktien als Investments weniger attraktiv. Die jüngsten Turbulenzen an den Börsen - der Dow Jones ist in den letzten vier Wochen um über 4 Prozent gefallen - dürften auch mit dem jüngsten Zinsschritt der US-Fed zu tun gehabt haben. Doch sind Zinsanhebungen durch die US-Notenbank Fed notwendig, um ein Überhitzen der US-Wirtschaft und einen zu starken Inflationsanstieg zu verhindern.

Sollten 2019 die Zinserhöhungen tatsächlich ausbleiben, so sind das für die Aktienmärkte aber nicht zwingend "good news": Es würde auch bedeuten, dass sich das konjunkturelle Umfeld deutlich eingetrübt hat, die Unternehmensgewinne sinken werden und womöglich sogar eine US-Rezession vor der Türe steht. Wie in einem solchen Umfeld die Börsen reagieren, ist ungewiss.