Im Verlauf des letzten Monats hat sich der Franken gegenüber dem Euro um rund 1,8 Prozent abgewertet. Der Euro-Franken-Kurs kletterte in der Spitze auf 1,11 – den höchsten Stand seit Anfang Februar. Doch bei ebendieser Marke von 1,11 scheint dem Devisenpaar ein wenig die Luft auszugehen. Mehrere Versuche, diese Hürde klar zu überspringen, scheiterten in den letzten Tagen.

Aus technischer Sicht erkennt die Zürcher Kantonalbank (ZKB) bei 1,11 einen Widerstand, sieht im Falle eines Überschreitens dieser Marke aber weiteres Aufwärtspotenzial für Euro-Franken: "Ein klares Überschreiten würde ihm weiter Aufwärtstrieb geben und Kursgewinne bis 1,1125 und sogar 1,1165 ermöglichen", so die ZKB in einer Markteinschätzung.

Verlauf des Euro-Franken-Kurs im letzten Monat, Quelle: cash.ch

Der Grund für den beschriebenen Kursverlauf ist weniger eine Euro-Stärke als vielmehr eine Franken-Schwäche. Denn der Franken hat sich in den letzten Wochen auch gegenüber anderen Währungen wie Pfund, Dollar oder Yen abgewertet. Es liegt deshalb die Vermutung nahe, dass die Schweizer Währung jüngst als sicherer Anlegerhafen nicht mehr so stark gefragt war.

Spekulationen um Feuerkraft der EZB

"Ob und wie stark die SNB dabei die Finger im Spiel hatte, ist natürlich nicht bekannt. Aber sicherlich kommt ihr diese Bewegung sehr entgegen", schreibt die St. Galler Kantonalbank in einem aktuellen Kommentar. Thomas Flury, Devisenspezialist bei der UBS, ist sich ziemlich sicher, dass die Währungshüter mitmischen: "Bei den Sicht- und Giroguthaben bei der SNB sehen wir, dass sie schon über das ganze Jahr ansteigen. Auch die Bilanz der SNB steigt. Man kann also davon ausgehen, dass immer wieder interveniert wird", sagt Flury im Gespräch mit cash.

Die Sichtguthaben der Banken bei der SNB legten im April um insgesamt rund 7,5 Milliarden Franken zu. Diese Veränderung gilt als starkes Indiz dafür, dass die SNB im Devisenmarkt aktiv war. Denn wenn die Notenbank Devisen kauft, wird der Franken-Gegenwert dem Konto der jeweiligen Bank gutgeschrieben, bei der die SNB gekauft hat.

Der Euro sei unter anderem relativ stark wegen Spekulationen um die Handlungsfähigkeit der EZB, sagt Flury. "Diejenigen, die die Notenbank bezüglich ihres Instrumentariums am Anschlag sehen, kaufen Euro zu. Zudem könnte es sein, dass die EZB-Minuszinsen ungewollt die Währung stärken." Auf längere Sicht ist ein weiteres Erstarken des Euro aber eher unwahrscheinlich. Die Brexit-Debatte, Neuwahlen in Spanien oder stockende Fortschritte in Griechenland, um nur einzelne Gefahren zu nennen, könnten zu weiteren Turbulenzen im Euro-Raum führen.

Fed-Zinsverhalten prägt Dollar-Kurs

Ganz anders die Lage beim US-Dollar. In den USA haben sich die Zinserwartungen zwar etwas gedämpft, der Markt geht aber immer noch von weiteren Zinserhöhungen in diesem Jahr aus. Thomas Flury sagt dazu: "Die relative Stärke des Euro zieht natürlich den Dollar zum Franken hoch. Der Dollar ist aber auch deswegen stark, weil im Moment wieder davon ausgegangen wird, dass die nächste Fed-Zinserhöhung nicht allzu rasch kommt."

Zum Dollar hat sich der Franken in den letzten vier Wochen um 0,7 Prozent abgewertet. Das Devisenpaar Dollar-Franken steht derzeit bei 0,974. Während die Parität wieder in Sichtweite rückt, sieht die ZKB bei 0,98 einen technischen Widerstand.

Der Franken steht auch zu anderen Währungen derzeit relativ schwach da. Eine Aufwertung hingegen erfuhr er längerfristig gesehen zum Pfund, was vor allem an der Debatte um den Austritt Grossbritanniens aus der EU liegt. Thomas Flury macht wie auch andere Devisenanalysten derzeit keine Empfehlungen zu Pfund-Franken: "Wegen des EU-Referendums am 23. Juni gleicht dies einer Pferdewette. Der Pfund-Kurs steht und fällt mit dem Stimmzettel."