Wer etwa in Zürich übernachten möchte, hat sehr viele Optionen: Hotels, Ferienwohnungen, eine Jugendherberge. Oder seit einigen Jahren eine schnell wachsende Anzahl an privaten Unterkünften, die über die Online-Plattform Airbnb vermietet werden.
Wie das Statistische Amt des Kantons Zürich kürzlich ermittelt hat, sind in der Stadt Zürich rund 2000 unterschiedlichste Airbnb-Angebote buchbar: Zimmer, Wohnungen oder sogar Villen mit Seeanstoss. Genauso variieren die Preise für eine Nacht. Einzelzimmer in einer Wohngemeinschaft gibt es für unter 50 Franken, ganze Häuser kosten mehrere tausend Franken.
Zürich hat somit, nach den Worten von Anita Roth, "den Nutzen von Airbnb verstanden". Roth kümmert sich beim kalifornischen Technologie-Unternehmen Airbnb um den Einfluss auf Städte und ihre Veränderungen und hielt am Dienstag am Worldwebforum in Zürich eine Rede mit dem Titel "Innovation begrüssen". 2008 in San Francisco gegründet, bietet Airbnb bereits drei Millionen Unterkünfte in 190 verschiedenen Ländern an.
Die 35-jährige Roth, die Schweizer Wurzeln hat, sagte weiter, nicht alle Städte seien innovativ und risikofreudig und würden technologischen Fortschritt gleichermassen zulassen. Doch genau das sei notwendig für eine umsichtige Städteplanung, so Roth. Sie erwähnte das Beispiel Rio de Janeiros, wo Airbnb vor den Olympischen Spielen in Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden einen akuten Bettenmangel beheben konnte.
.@AnitaRoth12 from Airbnb: "Don't let the past hold back your sense of innovation!" #worldwebforum pic.twitter.com/FgHxGtd4YX
— WORLDWEBFORUM (@worldwebforum) 24. Januar 2017
Doch nicht überall, wo Airbnb auftritt, werden der Bettenvermittler mit offenen Armen empfangen. "Unsere grösste Herausforderung sind die unterschiedlichen Themen vor Ort. Unsere Arbeit muss sich überall an die lokalen Begebenheiten anpassen", sagte Anita Roth.
Alleine die breite Palette an Schlafgelegenheiten und Preisen zeigt: Die Inserate auf Airbnb sind eine ernsthafte Konkurrenz für herkömmliche Betten-Anbieter. Wie das Taxi-Unternehmen Uber ist Airbnb eines der Aushängeschilder der sogenannten 'Sharing Economy' - der Internetwirtschaft, in der Gebrauchsgüter von Einzelpersonen zur kurzzeitigen Nutzung angeboten werden.
Die Hotelbranche fürchtet um Gäste und Einnahmen und äussert immer wieder ihren Unmut über die Konkurrenz aus dem kalifornischen Silicon Valley. Auch von Seiten der Politik kommt Airbnb regelmässig unter Druck. Vielerorts lautet die entscheidende Frage: Verringert Airbnb den ohnehin schon knappen Wohnraum?
Kommunalpolitiker werfen Airbnb vor, Mieten in die Höhe zu treiben und Wohnraum zu zerstören. Andere Kritiker monieren, ganze Wohnviertel würden in Touristengebiete verwandelt und fragwürdigen Anbietern würde illegaler Hotelbetrieb ermöglicht. In Metropolen wie Berlin oder New York, wo erst kürzlich drastische Strafen für illegale Airbnb-Nutzung eingeführt wurden, hat das Unternehmen deshalb einen schweren Stand. Auch in Zürich werden immer wieder Fälle publik von widerrechtlich genutzten Unterkünften.
Erste Vereinbarungen werden ausgehandelt
Auf Teile der Kritik wurde bereits reagiert. Erst kürzlich sagte CEO Brian Chesky gegenüber der "Financial Times", Airbnb wolle mit hunderten Städten Steuervereinbarungen schliessen, über die das Unternehmen Übernachtungssteuern von seinen Kunden einziehe und an die örtlichen Behörden weiterleite.
Auf der anderen Seite steht das Argument, Airbnb und ähnliche Organisationen schafften neue Arbeitsplätze, belebten die Konkurrenz und brächten Dynamik in teilweise verkrustete Märkte. Klar ist: Neue Regeln und höhere Steuern dürften es für Airbnb noch schwieriger machen, bald in die Gewinnzone vorzustossen.
Wie so viele schnell wachsende Startups, ist auch der Betten-Vermittler derzeit noch defizitär. Die Komissionen, die Airbnb von Vermietern und Gästen einstreicht, reichen noch nicht, um schwarze Zahlen zu schreiben. Viel Geld geht für Marketingmassnahmen, die digitale Infrastruktur und für Gerichtsklagen drauf.
Angriff auf die Reise- und Flugbranche
Derzeit ist Airbnb (noch) eine privat gehaltene Firma und nicht verpflichtet, Geschäftszahlen zu veröffentlichen. Spätestens aber wenn der Technologie-Konzern den Gang an die Börse wagt – was in naher Zukunft erwartet wird - muss das Geschäftsmodell auf einem stabilen Fundament stehen. Anita Roth bleibt während ihrer Rede am Worldwebforum diesbezüglich vage. Einblick in den Geschäftsgang gewährt sie genauso wenig wie Angaben zu möglichen Preisanpassungen. Aber sie skizziert das weiter Entwicklungspotenzial von Airbnb.
Mit der Funktion "Experiences" können Gastgeber zusätzlich etwas verdienen, indem sie ihre eigenen Entdeckungen oder Erfahrungen mit Gästen teilen. So gibt es beispielsweise Angebote von Giulio, dem Trüffelsucher oder Quinn, dem Surflehrer. Im letzten November wurde die zudem die Funktion "Trips" vorgestellt. Damit sollen Urlaubserlebnisse wie Ausflüge zu lokalen Sehenswürdigkeiten oder Events angeboten werden. In Zukunft will Airbnb auch Flüge integrieren, so dass ein ganzes Reiseprogramm erstellt werden kann.
Nach der Hotellerie- wird also die Reisebüro-Branche aufgemischt. Es bleibt spannend zu beobachten, wer sich auf den technologischen Wandel einlässt.