Die Wohnimmobilienpreise sanken von April bis Juni um durchschnittlich 9,9 Prozent zum Vorjahreszeitraum, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Dies war der stärkste Rückgang seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2000. Im Vergleich zum ersten Vierteljahr 2023 waren Wohnimmobilien 1,5 Prozent günstiger, doch fiel der Rückgang geringer aus als in den beiden Vorquartalen mit minus 2,9 und minus 5,1 Prozent. Ausschlaggebend für die sinkenden Kaufpreise dürften eine geringere Nachfrage infolge gestiegener Finanzierungskosten und anhaltend hoher Inflation sein, die auf der Kaufkraft lastet.
Ökonom Martin Güth von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) verwies darauf, das die negative Entwicklung auf einen jahrelangen Boom folgt. «Günstig sind Wohnungen daher immer noch nicht und aufgrund der gestiegenen Zinsen auch für immer weniger Haushalte noch erschwinglich» sagte Güth. Die Preise dürften noch etwas weiter fallen, die Geschwindigkeit aber überschaubar bleiben. «Der Markt ist eng, Wohnraum ist knapp», sagte der Ökonom. «Wohnen bleibt daher teuer – egal ob zur Miete oder als Eigentum.»
Sowohl in den Städten als auch in den ländlichen Regionen waren deutliche Preisrückgänge zu verzeichnen. Allerdings fiel der Abwärtstrend in den Städten stärker aus. Grosse Preisrückgänge im Vergleich zum Vorjahresquartal gab es in den Top-7-Metropolen (Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf). Hier gingen die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser um 12,6 Prozent zurück, für Wohnungen musste 9,8 Prozent weniger gezahlt werden als ein Jahr zuvor. Verglichen mit den ersten drei Monaten des Jahres gaben die Preise für Eigentumswohnungen um 2,1 Prozent nach, die für Ein- und Zweifamilienhäuser um 2,4 Prozent.
«Am geringsten waren die Rückgänge in den dünn besiedelten ländlichen Kreisen», so die Statistiker. Hier waren Eigentumswohnungen 7,0 Prozent billiger als im zweiten Quartal 2022, während Ein- und Zweifamilienhäuser sogar 8,1 Prozent weniger kosteten. Im Vergleich zum ersten Vierteljahr 2023 fielen die Preise in den dünn besiedelten Kreisen für Eigentumswohnungen um 2,1 Prozent, während die für Ein- und Zweifamilienhäuser leicht um 0,7 Prozent stiegen.
Einer Auswertung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) zufolge trifft der Preisrückgang bei Eigentumswohnungen vor allem den Bestand, während Neubaupreise relativ stabil sind. In den Top-7-Städten liegen die Verkaufspreise demnach mittlerweile gut zwölf Prozent unter dem im Frühjahr 2022 erreichten Höchststand. Ihr Preisniveau sei damit ungefähr auf das von Anfang 2021 gefallen. Neubauten kosteten dagegen im vergangenen Quartal ungefähr so viel wie Anfang vergangenen Jahres und fielen im Vergleich zu ihren Höchstständen um vergleichsweise moderate 5,5 Prozent.
«Neubau-Preise trotzen bislang dem recht deutlichen Preisverfall auf dem Immobilienmarkt», sagte dazu der Wissenschaftler Jonas Zdrzalek. «Dies könnte daran liegen, dass Verkäufer hier weniger zu Preisabschlägen bereit sind.» Auch würden die Verkaufspreise oft lange vor Fertigstellung verhandelt, so dass sich die Zinserhöhungen aktuell womöglich noch gar nicht voll in den Preisen widerspiegelten. «Vor allem aber ist das Angebot an Neubauten drastisch gesunken», sagte Zdrzalek. «Und wenn Projekte umgesetzt werden, dann offenbar hochpreisig.»
Einer Studie der DZ Bank zufolge dürften die Immobilienpreise im Gesamtjahr angesichts schwieriger Rahmenbedingungen wie steigenden Zinskosten und teuren Materialien zwischen vier und sechs Prozent sinken. «Gemessen an den erheblich schlechteren Finanzierungskonditionen und der Unsicherheit über zukünftige Investitionen in eine energetische Sanierung und neue Heiztechnik erscheint der Preisrückgang im einstelligen Prozentbereich moderat», heisst es in der Untersuchung.
(Reuters)
3 Kommentare
Erfrischenderweise wurden die Aktivitäten der deutschen Regierung wie das Heizungsverbotsgesetz, dass den Wert gerade älterer Immobilien massiv mindert, nicht erwähnt.
Ein weiterer, im Artikel nicht erwähnter, gewichtiger Grund dürfte die eigentümerfeindliche Bundesregierung darstellen. Abzulesen an Bestrebungen, Immobilienkonzerne zu verstaatlichen.
Sehr interessanter Bericht. Im August wurde ein Bericht bei Cash veröffentlicht mit "Preisverfall bei deutschen Immobilien gestoppt" auch aus einer Studie heraus geschrieben.
Die Immobilien Preise in der Schweiz sind auch am herunterfallen, je nach Region zwischen 10% und 30%. Nur wird dies in den Medien runtergespielt. Es kann nicht mit der Wohnungsknappheit begründet werden. Während Corona wurde berichtet, dass alle aus der Stadt flüchten. Und jetzt wollen alle wieder in die Stadt? Ausserhalb der Stadt hat es viele Angebote.