Weitere Details aus vertraulichen Dokumenten der Finanzmarktaufsicht Finma im Zusammenhang mit dem Greensill-Skandal der untergegangenen Credit Suisse sind von der «Sonntagszeitung» (SoZ) veröffentlicht worden. «In den Berichten finden sich haarsträubende Details dazu, wie einfach es dem australischen Geschäftsmann Lex Greensill gemacht wurde, sein wackliges Finanzkonstrukt am Laufen zu halten», schreibt die Zeitung.
In den vergangenen gut zwei Wochen hatten bereits die «Financial Times» und andere Medien über schwerwiegende Mängel in dieser Sache beim früheren CS-Management berichtet. Die SoZ schreibt unter Berufung auf die ihr vorliegenden Dokumente jetzt etwa, dass keine sorgfältige «Due Diligence» zu Greensill durchgeführt wurde und dass verschiedene eigentlich übliche Prozedere umgangen wurden.
Die Finma schreibe zudem, dass mit Greensill innerhalb von zwei Jahren mindestens fünf aufeinanderfolgende Vereinbarungen getroffen worden seien, um das Exposure gegenüber dem als riskant eingestuften Geschäftspartner, dem indischen Stahlmagnaten Sanjeev Gupta, zu reduzieren. «Greensill Capital hat jede dieser Vereinbarungen gebrochen.» Dabei habe er immer wieder versprochen, die riskanten Geschäfte einzustellen. Gleichzeitig habe Greensill jedoch Druck auf andere Stellen der CS ausgeübt, weitere Schuldverschreibungen zu kaufen, die für ein noch grösseres Risiko für die CS sorgten.
Der Skandal um die Liquidierung der bei vermögenden CS-Anlegern platzierten «Greensill-Fonds» im Umfang von rund 10 Milliarden US-Dollar gilt als einer der Mitgründe für den Untergang der CS und die Übernahme durch die Konkurrentin UBS.
700 Seiten Untersuchungsakten
Der «Sonntagszeitung» liegen den Angaben zufolge über 700 Seiten Untersuchungsakten, die vor zwei Wochen bei einem Londoner Gericht an die Öffentlichkeit drangen: zwei Berichte der Anwälte von Wenger Plattner (WPReport), die für die Finma auf 405 Seiten den Greensill-Skandal aufarbeiteten, denen wiederum 225 Seiten Beweismittel beiliegen. Daraus habe die Finanzmarktaufsicht wiederum eine Verfügung erstellt, in der sie auf 92 Seiten zusammengefasst habe, was bei der CS alles schieflief.
In dem Zivilprozess in London fordert die UBS vom japanischen Investmentunternehmen Softbank im Zusammenhang mit den auf Finanzprodukten von Greensill Capital basierenden Fonds Schadenersatz über 440 Millionen Franken. Softbank hat dabei laut den britischen Medienberichten die bisher unter Verschluss gehaltenen Finma-Dokumente in das Verfahren eingebracht, um seine Verteidigung zu stärken.
Auch in der Schweiz ist die Aufarbeitung des Greensill-Skandals noch nicht abgeschlossen, entsprechend könnten diese Dokumente wohl auch hierzulande einige Brisanz enthalten. So ermittle die Staatsanwaltschaft Zürich weiterhin in dieser Angelegenheit, wobei seit 2021 diverse «Entsiegelungsverfahren» laufen würden, hatte die «Sonntagszeitung» bereits vor zwei Wochen geschrieben. Unklar sei derweil, ob vier Enforcement-Verfahren der Finma gegen ehemalige Manager der CS noch laufen oder abgeschlossen seien, hiess es damals.
Die UBS hatte auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP etwa den Bericht der «Financial Times» nicht kommentiert. Generell zum Verfahren in London hiess es von der Grossbank allerdings: «Wir werden im Interesse aller unserer Stakeholder weiterhin die Eintreibung, beziehungsweise Geltendmachung der Forderungen der Supply Chain Finance-Fonds bestmöglich vorantreiben.»
(AWP)