Insgesamt fällt die Prognose freundlicher aus als noch im Frühjahr. So wurde im Mai für Deutschland im laufenden Jahr eine Stagnation der Wirtschaft vorhergesagt und für 2026 ein BIP-Wachstum um 1,1 Prozent. Für das laufende Jahr rechnet die EU-Kommission nun mit einem leichten Wachstum um 0,2 Prozent. Damit würde Deutschland 2025 allerdings noch immer zu den EU-Schlusslichtern bei der Wirtschaftsentwicklung zählen. Nur für Finnland wird mit 0,1 Prozent ein noch geringeres Plus bei BIP prognostiziert.
Steigende Kaufkraft
Die EU-Kommission teilte zu den Zahlen mit, aktuelle Unternehmensindikatoren und Umfragedaten deuteten auf eine anhaltend positive Dynamik in den kommenden Quartalen hin. Auch wenn das weltwirtschaftliche Umfeld schwierig bleibe, stützten ein robuster Arbeitsmarkt, steigende Kaufkraft und günstige Finanzierungsbedingungen ein moderates Wirtschaftswachstum. Nationale Sparmassnahmen in Mitgliedstaaten könnten durch EU-Mittel teilweise kompensiert werden.
Diese Unterstützung stärke die Binnennachfrage, die über den gesamten Prognosezeitraum hinweg der wichtigste Wachstumstreiber sein dürfte, schreiben die Autoren der Prognose. Der private Verbrauch dürfte demnach kontinuierlich zulegen - auch gestützt durch einen allmählichen Rückgang der Sparquote. Zugleich wird auch neue Dynamik bei Investitionstätigkeiten erwartet.
Geopolitische Spannungen belasten Ausblick
Als Risikofaktor sehen die EU-Konjunkturexperten unter anderen die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump und die Handelskonflikte mit China. Weltweit hätten Handelsbarrieren historische Höchststände erreicht, und die EU sehe sich nun mit höheren durchschnittlichen Zöllen auf Exporte in die USA konfrontiert als in der Frühjahrsprognose 2025 angenommen, heisst es in der Analyse.
Dennoch blieben die Zölle auf EU-Exporte geringer als jene, die für andere grosse globale Akteure gelten. Dies verschaffe der EU-Wirtschaft einen leichten relativen Vorteil, analysieren die Experten.
Zugleich könnte ihrem Bericht zufolge eine weitere Eskalation geopolitischer Spannungen Versorgungsengpässe verschärfen und eine Neubewertung von Risiken an den Aktienmärkten - insbesondere im US-Technologiesektor - das Vertrauen der Investoren und die Finanzierungsbedingungen beeinträchtigen. Denkbar ist demnach auch, dass die zunehmende Häufigkeit klimabedingter Katastrophen das Wachstum schwächt.
So ist auch der EU-Ausblick auf 2027 nicht deutlich besser als der für 2026. Für das übernächste Jahr prognostizierte die Kommission derzeit ein Wirtschaftswachstum um 1,5 Prozent, für den Euroraum geht sie von einem Plus von 1,4 Prozent aus. Für die deutsche Wirtschaft wird dabei ein Plus von 1,2 Prozent vorhergesagt, also ein im Vergleich zum Vorjahr konstantes Wachstum.
Andere Konjunkturprognosen sind pessimistischer
Mir der Prognose für 2026 liegt die EU-Kommission nah an den Schätzungen der Bundesregierung, die zuletzt für das kommende Jahr ein Wachstum von 1,3 Prozent erwartete. Andere Konjunkturprognosen sagen der deutschen Wirtschaft voraus, dass sie im kommenden Jahr weniger stark zulegt. So teilte der Internationalen Währungsfonds (IWF) Mitte Oktober mit, er rechne für die Bundesrepublik mit einem Zuwachs von 0,9 Prozent. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung prognostizierte zuletzt ebenfalls nur 0,9 Prozent Wachstum.
Mit diesem Wert würde Deutschland nach derzeitiger EU-Prognose auch im kommenden Jahr wieder zu den Schlusslichtern in der EU zählen, aber immerhin wieder mit Frankreich gleichziehen und leicht vor Italien liegen. Schwächstes EU-Land beim Wachstum könnte den Brüsseler Zahlen zufolge 2026 Irland mit einem Plus von 0,2 Prozent werden, stärkstes Malta mit 3,8 Prozent. In der Gruppe der bevölkerungsstarken Länder sind Polen mit 3,5 Prozent und Spanien mit 2,3 Prozent die stärksten./aha/DP/mis
(AWP)