Moskau droht Grossbritannien mit Vergeltung bei Raketenschlägen
Nach Aussagen des britischen Aussenministers David Cameron, wonach die Ukraine das Recht dazu habe, sich zu verteidigen und von seinem Land gelieferte Raketen für Angriffe auf russisches Gebiet zu nutzen, kam die Reaktion aus Moskau prompt: Der dortige Botschafter Grossbritanniens wurde einbestellt und bekam eine Protestnote übergeben, wie das russische Aussenministerium am Montag mitteilte. Demnach wurde er «gewarnt, dass eine Antwort auf ukrainische Schläge mit britischen Waffen auf russisches Territorium sich gegen alle Militärobjekte und -technik Grossbritanniens sowohl auf dem Gebiet der Ukraine als auch ausserhalb richten kann».
Camerons Aussagen würden die frühere Zusicherung der britischen Regierung widerlegen, dass Raketen mit grösserer Reichweite nicht gegen russisches Gebiet selbst eingesetzt würden. «Faktisch hat er sein Land damit als Konfliktpartei anerkannt», kritisierte das russische Aussenministerium.
Cameron hatte vergangene Woche bei seinem Besuch in Kiew der Ukraine erneut Unterstützung zugesichert. Der britischen Nachrichtenagentur PA zufolge betonte er während seiner Reise, es liege an Kiew zu entscheiden, wie sie gelieferte Waffen einsetzen - das Recht zu Vergeltungsangriffen auf Ziele in Russland habe die Ukraine jedenfalls.
Französischer Botschafter muss ebenfalls zum Appell
Nach dem britischen Botschafter wurde auch der Vertreter Frankreichs in Moskau einbestellt. Äusserungen von Präsident Emmanuel Macron, der einen Einsatz französischer Truppen in der Ukraine nicht ausschliessen wollte, nannte Moskau bei der Vorladung destruktiv und unverantwortlich. Russland lasse sich von seinen Kriegszielen trotz solcher Drohungen nicht abbringen und werde sie auch erreichen, hiess es in der Erklärung des russischen Aussenministeriums.
Zuvor hatte Russland ein Manöver seiner taktischen Nuklearstreitkräfte angekündigt. Dabei solle der Einsatz «nicht strategischer Atomwaffen» geübt werden. Wo und wann die Übung beginnen soll, war zunächst unklar. Der Kreml begründete das Manöver mit westlichen Provokationen. Das Aussenministerium erklärte, Sinn des Manövers sei es, «Hitzköpfe in den westlichen Hauptstädten» abzukühlen. Namentlich kritisiert wurden Cameron und Macron.
Selenskyj drängt auf Tempo bei versprochenen Waffenlieferungen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dringt derweil weiterhin auf ein höheres Tempo bei den Lieferungen der versprochenen Waffen aus dem Westen. «Den politischen Entscheidungen muss eine echte Logistik folgen ? der tatsächliche Erhalt der Waffen durch unsere Soldaten», sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. Dazu müsse die Zusammenarbeit mit den Partnern, speziell den USA, besser koordiniert werden.
Die USA hatten nach einer monatelangen Blockade im Repräsentantenhaus vor etwa zwei Wochen ein militärisches Hilfspaket an die Ukraine im Wert von 61 Milliarden Dollar (57 Milliarden Euro) freigegeben. Nach Angaben aus dem Weissen Haus und dem Pentagon sollten die Waffenlieferungen daraufhin innerhalb weniger Tage beginnen.
Trotzdem ist die Ukraine weiter in der Defensive. Der Oberkommandierende Olexander Syrskyj, von dem sich Selenskyj einen Lagebericht geben liess, schrieb von einer schweren Lage an der Front. Der Feind habe nach wie vor mehr Personal, Waffen und technische Ausrüstung zur Verfügung und greife daher täglich ukrainische Stellungen an. Die Hauptkräfte des russischen Militärs zielen demnach auf die Städte Kurachowe und Pokrowsk im ostukrainischen Gebiet Donezk.
Die schwere Lage an der Front demonstrieren auch immer wieder namhafte Opfer. So ist ein weiterer Profisportler dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine zum Opfer gefallen. Wie das Ukrainische Olympische Komitee auf Telegram mitteilte, kam der zweifache Europameister im Gewichtheben, Olexander Pjeljeschenko (30), an der Front «im Krieg mit dem Feind» ums Leben.
Das wird am Dienstag wichtig
Russlands Präsident Putin will mitten im Krieg und nach knapp einem Vierteljahrhundert an der Macht seine fünfte Amtszeit als Präsident antreten, um bis mindestens 2030 durchzuregieren. Extra dafür hat der Kremlchef vor vier Jahren die russische Verfassung ändern lassen. Im Kreml ist eine grosse Zeremonie geplant. Putin wird dabei vor dem Parlament, der Regierung und weiteren hochrangigen Gästen den Amtseid ablegen./bal/DP/zb
(AWP)