Der Betroffene war wegen des Transports von 194 Gramm Kokain zu einer bedingten Gefängnisstrafe verurteilt worden. Das Gericht sprach zudem eine obligatorische Landesverweisung von fünf Jahren aus. Derzeit lebt der Mann in Bijeljina in Bosnien-Herzegowina, während seine Frau mit den beiden Töchtern im Kanton Zürich wohnt.
In seinem am Dienstag publizierten Entscheid hält der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) fest, die Schweizer Justiz habe die Interessen des Familienvaters und die öffentlichen Interessen nicht korrekt gegeneinander abgewogen.
Sie habe sich lediglich auf die Art des Delikts und dessen Schwere abgestützt. Dabei habe sie ausser Acht gelassen, dass der Verurteilte keine Gefahr mehr für die öffentliche Sicherheit darstelle.
Elemente ausgeblendet
Zudem habe sie weitere Umstände kaum gewichtet, wie die geringe Schuld des Betroffenen, den bisher leeren Strafregisterauszug, die lediglich bedingt ausgesprochene Strafe und die Folgen, die der Landesverweis für ihn und seine Familie habe.
Seine Ehefrau ist laut Urteil serbischer Herkunft, hat ihr ganzes Leben jedoch in der Schweiz verbracht. Zusammen mit den beiden Töchtern ist sie vor wenigen Jahren eingebürgert worden.
Der Mann war 2013 nach der Heirat im Alter von 30 Jahren in die Schweiz gekommen. Die Schweizer Gerichte vertraten die Ansicht, dass der Mann kaum Deutsch spreche und nie eine Festanstellung gehabt habe, womit er nicht als integriert gelten könne.
Zudem befanden sie, die Töchter seien noch klein und würden damit gut Fuss fassen können in einer neuen Umgebung. Die Ehefrau würde sich als ausgebildete Krankenschwester in Bosnien-Herzegowina ausserdem einfach beruflich integrieren.
Die Schweiz muss dem Bosnier eine Genugtuung von 10'000 Euro zahlen und 15'000 Euro für die aufgrund des Verfahrens angefallenen Kosten. (Fall-Nr. 52232/20 vom 17.9.2024)
(AWP)