Selbst indirekte Immobilienanlagen legten stark zu: börsenkotierte Immobiliengesellschaften um 15,2 Prozent und Fonds um 10,2 Prozent seit Jahresbeginn, wie es in einer Analyse zu Immobilienanlagen des Beratungsunternehmens Wüest Partner vom Donnerstag hiess. Die Zuwächse lagen damit deutlich über jenem des SPI (+8,3 Prozent).

«Sicherer Hafen»

Der Aufschwung ist den Experten zufolge vor allem durch die geldpolitische Wende der Nationalbank getrieben: Sie hat den Leitzins von März 2024 bis Juni 2025 bekanntlich von 1,75 auf 0 Prozent gesenkt, wodurch Finanzierungen günstiger wurden und festverzinsliche Anlagen an Attraktivität verloren.

Gleichzeitig stützten tiefe Leerstände - im Wohnsegment nur 1,0 Prozent - und ein anhaltendes Bevölkerungswachstum von jährlich rund 1 Prozent die Mieterträge. Hinzu kam ein psychologischer Faktor: Immobilien blieben trotz Zinsschock 2022 ein bevorzugter «sicherer Hafen».

Preiserhöhungen statt neue Wohnungen

Ein Gewinner des Immobilienbooms ist auch der Staat. Steigende Immobilienpreise treiben die Einnahmen für Kantone und Gemeinden aus Grundstückgewinnsteuer und Handänderungsabgaben markant nach oben, wie Raiffeisen mitteilte.

Im Schweizer Durchschnitt seien die Einnahmen aus der Vermögensgewinnsteuer pro Kopf zwischen 2012 und 2022 um knapp 80 Prozent gestiegen, wovon der Grossteil auf die Grundstückgewinnsteuer zurückfalle, hiess es. «Auf den heutigen Preisniveaus sind Steuereinnahmen von über 100'000 Franken bei einer Eigenheimtransaktion keine Seltenheit mehr», wird Raiffeisen-Chefökonom Fredy Hasenmaile in der Mitteilung zitiert.

Der hohe Kapitalzufluss in den Mietwohnungsmarkt «verpufft» allerdings in Preisanstiegen, statt neue Wohnungen zu schaffen, wie die Raiffeisen weiter bilanziert. Die Kapitalströme seien bereits grösser als zu Zeiten des «Anlagenotstands» während der letzten Jahre der Negativzinsära. «Bedauerlicherweise führt der starke Kapitalzufluss nicht zur dringend benötigten Ausweitung der Wohnbautätigkeit», stellte Hasenmaile fest. Stattdessen würden die Investitionen angesichts der raumplanerischen Rahmenbedingungen fast vollständig in Preisanstiegen bei bestehenden Liegenschaften aufgehen.

Mit dem neuen Run auf Immobilien hat sich jedoch die Renditekompression verschärft. Über alle Segmente sanken die Nettoanfangsrenditen basierend auf den provisorischen Daten 2025 auf 3,1 Prozent. Das sind rund 30 Basispunkte weniger als im Vorjahr 2024. Laut Wüest Partner liegt die Immobilienprämie bei Topobjekten im langfristigen Durchschnitt, bei mittleren Objekten aber leicht darunter, was auf einen erhöhten Anlagedruck hinweise.

Warnung vor politischen Risiken

Gleichzeitig warnen die Experten vor Risiken, die vom Boom überdeckt werden könnten. Eine tiefe Marktliquidität und starke Kapitalzuflüsse könnten überproportionale Preissprünge verursachen. Zudem drohten durch die abkühlende Wirtschaft geringere Mieterträge, während politische Vorstösse - etwa die Mietpreis-Initiative oder die Volksinitiative «Keine 10-Millionen-Schweiz!» - künftige Renditen schmälern könnten.

Für 2026 erwartet Wüest Partner ein Abflachen der Preisdynamik. Der Markt dürfte stärker von Erträgen und Objektqualität getragen werden. Wohnrenditeliegenschaften könnten moderat um 1,5 bis 2,0 Prozent zulegen, während Geschäftsliegenschaften insgesamt stabil bleiben dürften. Entscheidend seien Lage, ESG-Strategien und gezielte Investitionen in den Gebäudeunterhalt.

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(AWP)